The Green Grid: IT braucht neues Paradigma

Vergangene Woche in Brüssel: Der Europateil der Vereinigung The Green Grid, deren Ziel es ist, Rechenzentren und die IT nachhaltiger zu machen, trifft sich in Brüssel. Mit dabei: nachhaltige IT. Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:
1. Das Procedere zur Festlegung von maximalen Verbrauchswerten und Verbrauchsklassen von Servern und an sie angeschlossenem DV-Equipment (DG Entr, Lot 9 Ecodesign-Richtlinie) kommt endlich in Gang. Fragebögen für Stakeholder stehen im Web und fließen, so ausgefüllt, in die vorbereitende Studie ein, die allein zwei Jahre dauert. Bis der erste Standard in Kraft tritt werden 55 Monate ins Land gehen – eine Ewigkeit in der Zeitrechnung der IT. Sehr verwunderlich wäre, wenn bei diesem Verfahren etwas herauskäme, was Hersteller wirklich zu ungewöhnlichen Anstrengungen zwingt.
2. Wie man die PUE berechnet, wird standardisiert, und zwar in IEC/ISO 30134-2. Diese Norm befindet sich gerade in einer frühen Konsultationsphase.
3. Rechenzentren werden immer effizienter. Der diesjährige Sieger im Effizienzwettbewerb des European Code of Conduct for Datacenters, ein Rechenzentrum von ARM in Cambridge, brachte es auf eine PUE (Power Usage Effectiveness) von sage und schreibe 1,04. Der Gesamtenergieverbrauch liegt also nur 4 Prozent über dem, den die reine IT verzeichnet. Hier ist die Luft also bald raus, auch wenn noch jede Menge alte Rechenzentren viel schlechtere Werte bringen und damit verbessert werden können.
4. Neue Sparpotentiale kommen deshalb in den Blick: Software, die flexibel auf die Auslastung von Hardware reagiert und diese nicht unnötig in Betrieb hält, wenn sie eigentlich selbst nichts tut, beispielsweise. Programmierer müssen anscheinend reichlich dazulernen, damit der Energiefraß aufhört. Das andere, in Brüssel besprochene Verbesserungspotential besteht in der Dämpfung oder der verhinderten Entstehung harmonischer Oberschwingungen, die durch die Verzerrung der sauberen Sinuskurve Strom- und Spannungskurven verzerren. Das führt zu Leistungsverlusten, Erwärmung und früherem Ende von Bauteilen. Ob sich Maßnahmen lohnen, liegt am Umfang der Störungen – pro Prozent mehr Harmonischen gehen zwei Prozent mehr Leistung verloren. Gegenmittel sind größere Transformatoren, spezielle, Oberwellen-resistente Bauteile und Filter. Whitepaper für The-Green-Grid-Mitglieder hier.
5. Weitere Einsparpotentiale liegen im sinnvollen Zusammenwirken der energieintensiven Rechenzentren mit der photovoltaischen Stromerzeugung, im Lastverbund mehrerer Rechenzentren, der die Auslastung erhöht und anderen kooperativen Maßnahmen, die teils von demnächst auslaufenden EU-Projekten erforscht wurden. News auf der Konferenz: Sechs neue EU-Projekte zur Energieeffizienz von IT und Rechenzentren stehen in den Startlöchern.
6. Trotzdem gibt es am Ende eine eher schlechte Nachricht: Die IT ist entgegen allen anderslautenden Berichten absolut nicht auf einem nachhaltigen Pfad. Darauf wies Ian Bitterlin, CTO von Emerson Network Power und Leiter der Technologie-Arbeitsgruppe EMEA bei The Green Grid nachdrücklich hin. Sie sei durch die jeden Effizienzeffekt schlicht überwuchernden Datenmassen und ihre Downloads auf Endgeräte schlicht dabei, immer mehr Energie zu verschlingen – schon um 2020 könnte laut Bitterlin aller global erzeugte Strom allein in IKT-Technologie und ihre Nutzung fließen, was natürlich nicht geht. Deshalb fordert Bitterlin dringend ein neues Paradigma. Beispiel: Ein simples 17 MByte großes Musikvideo, das 1,5 Milliarden Mal in einem Jahr aus dem Web heruntergeladen wird, verbraucht insgesamt 312 GWh Strom – so viel wie ganz Burundi.
7. Zum Trost: In Veranstaltungen und Gesprächen, die nachhaltige-it im Anschluss an die Konferenz mit verschiedenen Firmenvertretern führte, arbeitet man in verschiedenen Hightech-Labors großer Hersteller daran, Telekommunikationstechnologien zu entwickeln, die zehntausendmal effizienter sind als die heutigen und Speichertechnologien, die für die Speicherung von 1 PByte nur noch ein Mikrowatt (ein Millionstel Watt) verbrauchen. Hoffen wir mal, dass die Forscher schneller Erfolg haben als die Datenlawine wächst, denn sonst gehen in der schönen neuen Smartphone- und Tablet-Welt irgendwann die Lichter aus.

Summary:EMEA Meeting of The Green Grid in Brussels:
1. Ecodesign Standards for Servers on the way, until finished, it will take 55 months, questionnairs for stakeholders online for download.
2. Standards for definition of PUE (Power usage effectiveness) on the way: IEC/ISO 30134-2 is in anearly consultation Phase.
3. PUE of very good datacenters reach values close to 1, more energy saving must come from other sources than optimizing cooling etc.
4. New sources of energy savings: cooperation of resources of several datacenters, datacenters and PV/other renewable energy sources in an area, Software optimization and mitigating harmonics .Whitepaper for green grid-members here.
5. New paradigm needed. As Ian Bitterlin, CTO of Emerson Network Power and Leader of the Green Grid EMEA Techn Workgroup said, if present datagrowth and download Trends persist, ICT will eat up all of earths electricity resources within about ten years – which is simply impossible. He gave a simple example: A Music Video of 17 MByte downloaded 1,5 Billion times over the web within one year used totally 312 GWh of electricity – as much as the whole state Burundi.

Zwei Wettbewerbe für Green IT

Derzeit läuft ein neuer Wettbewerb im Bereich Green IT:
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR), genauer gesagt sein Kampagnenbüro „300 Jahre Nachhaltigkeit“ schreibt einen mit 5000 Euro dotierten Wettbewerb aus, bei dem es darum geht, grünes Verhalten auf dem Mobiltelefon oder dem Tablet darzustellen. Ein Trailer ist hier. Nötig sind lediglich Ideen, nicht fertige Applikationen. Die Ideen müssen bis zum 24.11. eingereicht werden. Die Anmeldung von Beiträgen erfolgt online hier. Es gibt einen Jury- und einen Publikumspreis, über den online zwischen 1. und 15.12. abgestimmt wird.