Important call for action: Bürgerliche Rechte in der digitalen Welt – Civil rights for the Digital Age

Der Kampf um die Bürgerrechte im digitalen Zeitalter hat endgültig begonnen. Heute erscheint in 20 deutschen und vielen anderen Zeitungen weltweit ein Aufruf von 560 Schriftstelloern, darunter fünf Nobelpreisträgern. Er befasst sich mit dem Missbrauch digitaler Daten durch Regierungen und Unternehmen und fordert im Grunde eine weltweit gültige digitale Menschenrechtscharta. Link zum Original, hier aus der FAZ. Der Aufruf steht bei Change-Org (mit Adressatin Viviane Reading, EU) zur allgemeinen Unterzeichnung bereit.

Übrigens: Auch Hersteller von Big-Data-Sysatemen sollten sich ihrer Verantwortung für ihre Big-Data-Produkte endlich bewusst werden. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Daten der Big-Data-Kunden sicher vor unbefugten Zugriffen sind, sondern auch um die Daten, die diese Kunden auswerten: Wer als IT-Anbieter seinen Kunden eine Big-Data-Lösung verkauft und mit ihnen geeignete Analytics-, Auswerte- und Darstellungstools konzipiert, die auf moralisch oder rechtlich fragwürdige Erkenntnisse zielen, wer nicht davon abrät, Daten so zusammenzufassen, dass indirekt eine Individualisierung von Nutzern wieder möglich ist, wer Anwendungen vorschlägt, mit entwirft oder nicht von ihnen abrät, die eine lückenlose Kontrolle der gesamten Bevölkerung oder unbescholtener Bevölkerungskreise ermöglichen etc. ist für die Ergebnisse seines Handelns und damit für die dadurch möglichen Handlungsweisen seiner Kunden mitverantwortlich. Denn wer Big-Data-Lösungen verkauft, verkauft nicht einfach schwarze Kisten, sondern muss sich, um geeignete Lösungen zu finden, in die Anliegen seiner Kunden hineindenken und mit ihnen identifizieren! Deshalb gehört zu jedem Big-Data-Projekt eigentlich auch eine Art Ethik-Beratung des betreffenden Kunden.

Summary: Today, more than 500 writers worldwide, among them 5 nobel prize laureates, published a text in almost every important newspaper on the planet that calls for a new kind of digital human rights charter that ends misuse of data by governments and comüpanies and gives people their data autonomy back. The text is online at change.org for signing by the general public. Sign!

Big Data: Überwiegen Chancen oder Risiken?

In den vergangenen Wochen hate ich gleich doppelt, nämlich anhand zweier neuer Bücher, Gelegenheit, mich mit dem Thema „Big Data“ zu befassen. Zum einen, als mir ein gigantischer Umschlag mit einem genauso gigantischen Buch ins Haus flatterte: Bit Data heißt es und beschreibt in spektakulären Fotos von teuren, international angesehenen AutorInnen (meist aus den USA) was Big Data ist, kann und wo die Risiken liegen. Der Inhalt ist übersichtlich gegliedert: Ein zwei-bis vierseitiger Text aus der Hand einer/s erfahrenen Journalist/in am Anfang auf silbernem(!) Hintergrund beschreibt jeweils den Aspekt, um den es in dem Kapitel geht, dann folgen Fotografien und begleitende Texte – die Fotos in spektakulärer Qualität, die Texte zumindest interessant. Gesponsort wurde das Werk allen voran von EMC, aber auch Cisco, VMware, FecEx, Tableau und Originate, die beiden letztgenannten Firmen echte Big-Data-Spezialisten. Fundamentalkritik am Thema ist bei dieser Urheberschaft nicht zu erwarten, aber immerhin bekommt man interessante Infos. Immerhin wird in einigen Texten darauf hingewiesen, dass das massenweise Sammeln und Auswerten von Daten durchaus auch negative Effekte haben könne, beispielsweise größere Chancen im Bereich Cybercirme. Immer jedoch wird Big Data als unausweichlich hingestellt, was ich angesichts der Tatsache, dass es sich dabei nicht um einen Asteroiden, sondern eine menschliche E Erfindung handelt, etwas ärgerlich finde. Spaß machen auf jeden Fall die vielen opulenten Bilder und auch die Beschreibungen von Menschen, die mit Big Data verbunden sind. Übrigens ist das ganze Werk in Englisch, und mir ist unbekannt, ob „The Human Face of Big Data“ überhaupt im handel erhältlich ist. Falls dem so sein sollte, hier die Biographie; „The Human Face of Big data

Jennifer Erwitt, Rick Smolan: „The Human Face of Big data.“ Bildband, gebunden, 215 Seiten, in Englisch. ISBN 078-1-4549-0827-2, USA: 50 Dollar.

Ganz anders geht der österreichische Journalist Rudi Klausnitzer an das Thema heran. Sein Band ist etwa genau so lang, kommt aber ohne ein einziges Foto aus und beschreibt auf Deutsch alle wichtigen Aspekte, Anwendungsfelder und auch viele Projekte von Big Data. Anhand einprägsamer Beispiele macht Klausnitzer klar, was Big Data schon kann oder demnächst können soll und wie das unser aller Leben beeinflussen wird oder es heute schon beeinflusst. Wer einmal eines seiner Beispiele live erleben möchte, möge sich dieses Youtube-Video ansehen. Bei aller Begeisterung für die Technologie ist dieses Buch doch erheblich distanzierter und kritischer als das zuerst beschriebene und fordert vor allem ausreichenden Datenschutz für die von Big Data Betroffenen. Das sind dieselben Menschen, die heute ohne großes Nachdenken via Tablet, Smartphone, Kreditkarte und GPS eine immer breiter werdende Datenschleppe hinter sich herziehen, an der andere Leute später Geld verdienen, in der Regel, ohne den Urhebern der Datenflut etwas abzugeben und schlimmstenfalls sogar, ohne sie überhaupt zu fragen, ob sie diese Daten benutzen dürfen. Übrigens: Anonymisierte Daten dürfen nach heutiger Rechtslage auf jeden Fall verkauft werden. Wohl zutreffend kommt Klausnitzer am Ende seines Buches, das schon wegen der vielen Quellenhinweise lesenswert, aber auch einfach fesselnd ist, zu dem wenig überraschenden Schluss, dass, falls es Politikern, Bürgern und Interessenvertretern nicht gelänge, einen einigermaßen akzeptierten „New deal“ zum Thema Big Data mit ausreichendem Datenschutz für den Einzelnen zu realisieren (Eigentumsrecht an eigenen Daten, volle Kontrolle über den Gebrauch eigener Daten, das Recht, Daten endgültig zu löschen), habe das Thema trotz großer vorhandener Chancen für die Gesellschaft das Potential zur größten Bürgerrechtsauseinandersetzung des nächsten Jahrzehnts.

Und hier noch die biographischen Daten: Rudi Klausnitzer, Das Ende des Zufalls. Wie Big data uns und unser Leben vorhersagbar macht. Ecowin-Verlag, März 2013, ISBN 9-783711-000408, 21,90 Euro.

Süddeutsche: Nahezu chinesische Verhältnisse bei Amazon. Angestellte mit Schrittzähler! Fazit: Nix mehr da kaufen!

In der Süddeutschen vom Samstag stand ein Artikel (auch online), der einen wahrlich das Grausen lehrt. In den Lagerhallen in Graben werden Mitarbeiter zu zwanzig Nachtschichten hintereinander verdonnert – wenn sie das nicht wollen, sagt man ihnen, sie könnten gehen. Weiter berichtet der Artikel davon, dass in die Scanner Schrittzähler eingebaut sind, die auch die Schrittlänge messen, Wer zu wenige oder zu kurze Schritte macht oder überhaupt mal steht, wird angemacht. Das ist schon mal ein Vorblick auf Big Data am Arbeitsplatz und in meinen Augen ein Fall für den Bundesdatenschutzbeauftragen, den man darauf vielleicht mal hinweisen könnte (siehe Link). Demnächst wird noch die Atemfrequenz oder der Puls kontrolliert, und wessen Puls unter dem fürs Alter angemessenen höchsten Puls liegt, wird der Faulheit bezichtigt, weil er oder sie nicht schnell genug rennt.
Und das alles begtündet Amazon in Stellungnahmen in eben jenem Artikel immer mit dem Wunsch des lieben Kunden, alles so schnell und billig wie möglich zu kriegen. Nun, Amazon, ich (als Inhaberin eines gelegentlich genutzten Amazon-Accounts) gelobe hiermit feierlich: Ich werde so lange nichts mehr bei Dir und Deinem krakenartigen Imperium ordern, bis sich die Verhältnisse in Deinem Reich durch glaubhafte Zeugen belegt grundsätzlich geändert haben. Und ich bin herzlich froh, dass ich Dich nicht auch noch durch den regelmäßigen Bezug irgendwelcher digitalen Güter aus Deinem eReaderStore in der Auffassung unterstütze, Du machtest es mir als Kunden mit solchen Umgangsformen recht. Nein, tust Du nicht! Und ich würde mich freuen, wenn noch mehr Leute auf einen ähnlichen Gedanken kämen. Das wär doch mal was.

Schuss vor den Bug vor Big-Data-Fetischisten

Wer meint, in Zukunft alles und jedes beliebig auswerten zu können, um anschließend die Menschheit beispielsweise noch mehr als bisher mit Werbung überschütten zu können oder das persönliche Verhalten bis in die Haarwurzeln des Einzelnen vorauszusagen, um damit schlicht mehr Geld zu verdienen, hat zumindest hierzulande jetzt einen fetten Schuss vor den Bug bekommen. Wer sich für die Details interessiert, klicke hier und lese, was unser Bundesdatenschutzbeauftragter Dr. Peter Schaar zu diesem Thema zu sagen hat. Merke: Zur Ökologie in der IT gehört auch die „Ökologie des Geistes“!

Je aufwändiger die Technik, desto schwammiger die Ergebnisse

Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der aktuellen Ausgabe des Weltklimaberichtes (siehe z.B. auf Spiegel.de) belegen vor allem eines: Die immer aufwändigeren Rechentechniken führen nicht zu klareren Prognosen. Noch genauere (und teurere) werden es wohl auch nicht tun, obwohl die IT gerade jetzt imemr aufwändigere Simulationstechnologie entwickelt, um sogenannte „Big Data“-Aufgaben zu erledigen. Angeblich geht es laut Spiegel bei den Präsentationen des Weltklimarates – Details lassen sich im Spiegel-Artikel nachlesen – zu wenig um die dahinter liegende Wissenschaft und zu viel um „Naturgefahren“, was Angriffe von Klimaskeptikern auf die Resultate erleichtere.

Kommentar:Das Fazit aus der Lage kann nur heißen: Da die Risiken wahrlich unüberschaubar sind und sich als „schwarze Schwäne“ darstellen, muss die Gesellschaft sich, egal, wie genau die Vorhersagen nun sind, zu schneller Vorsorge und zu mehr Klimaschutz entscheiden. Auf noch genauere Simulationen zu warten, wird nichts helfen. Und auch zu warten, ob und welche Prognosen eintreten, ist wohl kaum zielführend. Wenn sie eintreten, ist es nämlich zu spät zum Handeln und das dürfte vielen Menschen (nicht nur, aber vor allem im Süden) Existenzgrundlage und Leben kosten. Und das setzt wiederum Flüchtlingsströme in Trab, die vor irgendwelchen Grenzbefestigungen wohl kaum Halt machen.