Elektromobilität: Langer Atem gefragt

Beim Online-Chat der virtuellen Klimakonferenz klima2009.net ging es heute um das Thema Elektromobilität. Gehostet hat diesen Chat (im Gegensatz zu allen anderen Chats, die von den Organisatoren selbst gehostet wurden) Daimler. Das hat sich im Diskussionsverlauf aber nicht so negativ bemerkbar gemacht. Die wichtigsten Erkenntnisse: Der Weg ist noch weit, ob die Brennstoffzelle auf Wasserstoffbasis oder klassische Batterien letztlich das Rennen machen, ist noch unklar. Die Verknüpfung mit einer übergreifenden Sicht der Mobilitätsfrage (neue Mobilitätskonzepte, Umstieg auf serviceorientierte Anbietermodelle, Gebrfauch statt Nutzen, Reduktion der erforderlichen Wege etc.) steht ganz am Anfang. In welche Ressourcenengpässe man durch neue Technologien (z.B. Lithium für Batterien) man rennt, wird ebenfalls noch zu wenig beachtet. Kurz: Es gibt noch jede Menge zu tun und nachzudenken. Vor allem auch die vielen mobilitätsverliebten Einzelmenschen.

Jeden Monat Preis für Green-IT-Projekte

Die Deutsche Umwelthilfe vergibt jeden Monat einen Preis für ein besonders „grünes“ IT-Projekt. Allerdings scheint es in der Monatsreihenfolge durchaus Löcher zu geben – möglicherweise, weil sich keine Projekte beworben haben.

Nähere Informationen finden sich auf der Seite zum Projekt ecoIT. Der Preis ist, da von der Umwelthilfe vergeben, herstellerunabhängig. Prämiert wurden bisher die stadt Bad Soden am Taunus (Mai), die Grundschule Mengendamm in Hannover (Juni) und die ResMed GmbH aus Martinsried (Oktober).

Es geht nicht nur um CO2

In der Elektronik- und Computerindustrie liegt nicht nur beim Energieverbrauch noch einiges im Argen. So sind die Arbeitsbedingungen in vielen Unternehmen am Anfang der Wertschöpfungskette noch immer miserabel. Zu diesem Schluss kommt die Studie Reset, die von GoodElectronics und der Dutch CSR Platform/MVO Plattform herausgegeben wurde. Berücksichtigt werden in drei Kapiteln jeweils mehrere soziale, Umwelt- und ökonomische Aspekte.

Zu jedem Einzelaspekt wird ein thematischer Überblick gegeben, gefolgt von relevanten Standards und einer Liste bestehender Initiativen. Schließlich gibt die Studie Handlungsempfehlungen, wie sich der eigene Standard bei jedem der Themen verbessern lässt. Der wichtigste Rat lautet bei sehr vielen Themen: Halten Sie alle bestehenden Standards, Regulierungen und Gesetze ein – was den Schluss zulässt, dass dies keinesfalls selbstverständlich ist.

Zu den Regeln, deren Einhaltung erwartet wird, gehören die OECD-Richtlinien für Multinationale Unternehmen, die OECD-Konvention gegen Bestechung und Deklarationen der International Labour Organization (ILO).
Insbesondere pocht die Studie darauf, dass die Hersteller am ende der Lieferkette eine Mitverantwortung für alle Produktionspraktiken ihrer Lieferanten und Vorlieferanten trifft – bis hin zur Bergbauindustrie, die Rohstoffe fördert. Außerdem sollten in die Entwicklung entsprechender Regeln alle Interessengruppen (Stakeholder) einbezogen werden, was in der Elektronikindustrie, so die Studie, noch nicht der Fall sei. Hersteller legen hier bisher in Eigenregie die Regeln fest, nach denen sie sich richten wollen. Weiter sollte, so die Studie, die Einhaltung solcher Regeln extern verifiziert und intern überwacht werden. Außerdem sollen Unternehmen über ihre Einhaltung regelmäßig berichten. Auch Mitarbeiter sollten über dei Existenz solcher Regelwerke unterrichtet werden.

Die Studie führt auf, dass in der Elektronik- und Computerindustrie, insbesondere bei den Zulieferern am Anfang der Wertschöpfungskette außerhalb der westlichen Industrieländer
– Frauen im Allgemeinen durch niedrigere Löhne, schlechte Anpassung der Arbeitszeiten an Familienarbeit, schlechtere Ausbildung und schlechtere Karrieremöglichkeiten benachteiligt werden
– Elektronikunternehmen durch den Kauf von Rohmaterialien aus Krisengebieten die militärischen Auseinandersetzungen um diese Ressourcen verschlimmern
– bei Produktion von Rohstoffen und Recycling wenig Rücksicht auf die Umwelt an den Produktions- beziehungsweise Entsprgungorten genommen wird
– die Unternehmen die gewerkschaftliche Organisation von Arbeitnehmern häufig behindern
– öfter Zwangsarbeiter oder Arbeitnehmer in zwangsarbeitsähnlichen Verhältnissen (z.B. Schuldknechtschaft) einsetzen
– Kinderarbeiter einsetzen, insbesondere bei Rohstoffförderung und Recycling
– besonders verletzliche Gruppen wie junge Arbeitnehmer, Migranten, Frauen und (in Indien) Mitarbeiter aus niedrigen Kasten gezielt diskriminieren,
– Arbeitsschutz und Gesundheitsvorsorge bei ihren Mitarbeitern vernachlässigen
– exorbitant lange Arbeitszeiten außerhalb aller gesetzlichen Grenzen festlegen
– nicht existenzsichernde Löhne zahlen
– Heimarbeiter einsetzen, und zwar häufig auch zur Arbeit mit giftigen Stoffen.

Im Umweltbereich listet die Studie folgende Probleme auf:
– zu hoher Energieverbrauch
– zu viel Kohlendioxidausstoß
– Umweltverschmutzung durch Abfälle und unprofessionell rezyklierte Altprodukte

Wirtschaftlich bemängelt die Studie vor allem
– dass Zulieferer durch immer kürzere Lieferfristen und immer geringere Zahlungsbereitschaft der Abnehmer unter Druck gesetzt werden, die diesen Druck an die Arbeitnehmer und ihre Zulieferer weitergeben
– dass in Sonderwirtschaftszonen, wo viele Elektronikfirmen ihre Betriebsstätten unterhalten, besonders schlechte Arbeitsbedingungen herrschen und ihre Existenz vielleicht zum Entstehen von Arbeitsplätzen, nicht aber zu einer nachhaltigen sozialen Entwicklung im Niederlassungsland beitragen
– dass Hersteller auf allen Stufen der Wertschöpfungskette umfassend Steuervermeidung betreiben, u.a. durch Niederlassung in sogenannten Steuerparadiesen und Ausspielen von Niederlassungsländern gegeneinander, um spezielle Steuervorteile zu erhalten
– dass Elektronikschrott gezielt und rechtswidrig in sich entwickelnde Länder exportiert wird, weil dort die Entsorgungskosten geringer sind
– dass nur wenige Unternehmen über praxistaugliche Rücknahmesysteme verfügen.

Als löbliche Ausnahmen werden auf manchen Gebieten die Hersteller Dell, HP, Apple und Fujitsu genannt, allerdings sind auch sie noch weit davon entfernt, auf allen Gebieten vorbildlich zu agieren. Beispielsweise verfolgen die Hersteller ihre Lieferkette, wenn überhaupt, derzeit nur bis zu den direkten Zulieferern und nicht darüber hinaus.

SummaryAs the abovementioned study is in English, just a few words: It deals with the social and ecological performance of electronics and IT companies along the whole value chain. Overall, there are many deficits, especially in the area uf labour rights and non-discrimination. Economically, the pressure for low prices makes it difficult for suppliers in the beginning of the value chain to implement socially sustainable working environments for their employees. For every issue, the study lists measures every company interested in lifting its standards could execute.

Kommentar: Allen Green-IT-Beteuerungen zum Trotz bleibt die IT-Produktion vorläufig ein schmutziges Geschäft. Dass das so ist, liegt nicht zuletzt am Verbraucher, der am liebsten alles für nichts möchte. Aber auch die vielzitierte Messlatte Shareholder Value, also das Streben nach einer möglichst hohen Kapitalrendite und Ausschüttung an Aktionäre als oberster Maßstab der Firmenführung, trägt dazu bei, dass selbst elementarste, weltweit gültige Regeln der ILO (International Labour Organisation) in vielen Zulieferbetrieben offensichtlich bis heute ignoriert werden.

Klima2009 Online-Konferenz: Online-Chat zu Elektromobilität

ACHTUNG: Heute nachmittag 17 Uhr: Internationaler Chat zum Thema Elektromobilität auf Klima2009.net. Registrierung schnell und unkompliziert möglich, wer interessiert ist, kann wahrscheinlich noch teilnehmen.

Heute morgen Chat zu Klimawandel und Universitäten mitgemacht: Was tun Unis zu dem Thema, wo gibt es Initiativen, wer beschafft Geld für Universitäten in Ländern des Südens. Knapp zehn aktive Teilnehmer (Experten), dazu ca. 20 bis 30 andere aus der ganzen Welt, die wie ich, zuhören und Fragen stellen durften. Interessanteste Erkenntnis: In Schweden ist Nachhaltigkeit seit zwei Jahren als strategisches Oberziel der akademischen Bildung verankert, und nach und nach werden die Unis auf diese Linie eingeschworen. Ein Konzept, das man auch hier einführen sollte. Wichtigste Probleme: Fehlendes Geld, fehlende Einbettung, fehlendes Engagement und (immer noch!!)Zweifel an der Wichtigkeit des Themas. Man glaubt es kaum!

Greenwashing des Monats: Gore will eco-Domain

Wie Green Blog unter der kategorie Technologie berichtet, will Al Gore eine neue Domain, .eco , einführen. Unter der Domain sollen Privatpersonen und Firmen über ihre Umweltinitiativen berichten können. Man darf gespannt, wen man da dann alles findet: shell.eco, bp.eco, arcelormittal.eco, daimler.eco, bmw.eco,… ein bisschen .eco ist ja jeder, und wenn man nur das (und nichts anderes) unter einer .eco-Domain findet, dann leuchtet das grüne Mäntelchen nur um so hübscher durch den dunklen Wald des Kohlendioxids.

VDE: Kommunikationsnetzwerke sollen Energie sparen

Wie nachhaltige-it schon berichtete, hat der Der Verband der Elektrotechnik, Elektrnik und Informationstechnik e.V. (VDE) eine Studie publiziert, in der es um die Verbesserung der Energieeffizienz von Kommunikationsnetzen geht. Hier einige Details für die, die nicht dazu kommen, die Studie herunterzuladen:

Die Untersuchung geht davon aus, dass sogenannte e-Services etwa acht Prozent der global erzeugten elektrischen Leistung verbrauchen, das entspricht etwa 160 GWh (Gigawattstunden). 2020 sollen es schon 400 GWh sein. Pro Jahr steigt der Energieverbrauch in Kommunikationsnetzen um 16 bis 20 Prozent. Ein besonderer Motor von Verbrauchssteigerungen sind die Breitbandnetze.

Die wichtigsten Verbrauchstreiber in Deutschland sind Kupfer-Zugangsleitungen für DSL mit den dazu gehörigen drahtlosen Routern, die Basisstationen des Mobilfunknetzes, Hochgeschwindigkeits-Firmenlans. Knoten des Weitverkehrsnetzes verbrauchen anteilsmäßig nicht sher viel, haben aber wie Rechenzentren eine sehr hohe Energiedichte.

Ein wichtiger Ansatzpunkt zur Steigerung der Energieeffizienz ist laut VDE der verstärkte Einsatz optischer Technik, weil dadurch
– weniger Kühlbedarf anfällt
– mehr Bauteile auf kleinerer Fläche integriert werden können
– neue, energieeffizientere Netzstrukturen möglich werden.
Deshalb fordert der CVDE die Entwicklung eines paketorientierten, passiven optischen Transportnetzes mit bis zu 100 TBit/s pro Knoten und nur einem Hundertstel des üblichen Energieverbrauchs.

Hier dürfte aber das breitflächige Vorhandensein einer Kupfer-Infrastruktur sowie die immer noch hohen Kosten von Glasfaser hinderlich wirken.

Viel erhofft sich der VDE auch von dynamischen Aktivierungs- und Deaktivierungsmechanismen, also dem Abschalten momentan nicht benötigter Komponenten, Funktionen oder ganzer Geräte. Allerdings mahnt der Verband erhebliche Forschunganstrengungen an, bis das verwirklicht werden kann. So müsste das Zusammenwirken der Netzschichten und -funktionen komplett neu überdacht und geregelt werden. Hierdurch seien Einsparungen bis 60 Prozent möglich.

Außerdem könne man völlig neue Netzwerk-Paradigmen entwickeln, zum Beispiel Netze, die sich gegenseitig unterstützen und ihre Ressourcen wechselseitig optimal ausnutzen (kooperatives Networking), KI-Mechanismen nutzen (kognitives Networking), den Verbindungszustand der jeweiligen Netzverbindungen besser berücksichtigen (opportunistisches Networking) – dies besonders bei Netzen mit mobilen Teilnehmern – oder die Relevanz beziehungsweise Irrelevanz von Verzögerungen selbst einschätzen und Daten entsprechend behandeln können.

Bei der Verbesserung der Energieeffizienz von Mobilnetzen setzt der VDE auf
– Energieverbrauchsreduktion der Einzelgeräte (bei Basisstationen: selbstorganisierendes Management, teilweise An- oder Abschaltung, höhere Wirkungsgrade bei leistungsverstärkern)
– Energieeinsparung als generelles Optimierungskriterium
– Nutzung niedrigerer Frequenzbereiche, wo dies möglich ist
– möglichst kleinen Betriebsfrequenzen
– Protokolloptimierung in Hinblick auf die Energieeffizienz
– neue Antennentechnologien
– Integration von Ad-hoc-Netzen in die Infrastruktur
– selbstorganisierende Multi-Hop-Zugangsnetze
– Installation von Femtozellen für die Innenversorgung

Weiter fordert der VDE grundsätzlich andere Optimierungsziele beim Bauelementedesign. Es habe bisher eine einseitige Fixierung auf die „Auslegung der Systeme auf Siptzenbetrieb“ gegeben. Neue Technologien wie Carbon-Nanotubes, Nanowires und Molekularelektronik oder Quantenelemente könnten hier helfen. Auch auf Bauelementen sei ein dynamisches Energiemanagement möglich, Overheads müssten verringert werden. Lpgik solle möglichst fest verdrahtet werden, sofern Funktionen ausreichend stabil sind. Gerade in Netzwerkprozessoren könne man durch gezieltes Power-Management im SoC (System on a Chip) viel erreichen.

Am Ende seiner Untersuchung schließt der VDE den Kreis zwischen IT und Energietechnik: Netzwerke mit ihren im ganzen Land verteilten Stationen, Verteilern und Kabeln seien die „größten und mächtigsten … Systeme der modernen Industriegesellschaft“ könnten zur dezentralen Energiegewinnung und -einspeisung verwendet werden. Außerdem könne man die Abwärme der Geräte sinnvoll nutzen.

Kommentar: Es ist dankenswert, dass sich endlich eine der großen Industrievereinigung der Rolle der Netze beim Energieverbrauch annimmt, das Thema wurde schon zu lange ignoriert. Die vielen vorgeschlagenen Maßnahmen bedürfen allerdings erheblicher Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen. Visionär und zukunftsweisend ist, dass der VDE die Vorstellungen der IT-Infrastrukturen als Bestandteil der zukünftigen Energieinfrastruktur (Stichwort Smart Grid) aufgreift und noch erweitert.

Summary: VDE analyzed future possibilities to reduce the energy use of public and private network infrastructures. Most important according to the study are the building of a passive optical 100 Tbit/s backbone infrastructure, a reworking of all interconnection and protocol mechanisms in local and global networks aiming to enable new mechanisms of energy saving (e.g. partial switchoff of components or switch-on on demand, cooperation instead of competition among different networks, AI use etc.) and a new philosophy in system and chip design that puts „energy efficiency“ first.

National Semiconductor goes Solar

Für Insider ist es nichts Neues: IT-Firmen versuchen, in die Erneuerbaren Energien einzusteigen. Intel zum Beispiel investiert massiv in Cleantech, Cisco versucht sich am Smart Grid. Ein weiteres Beispiel ist National Semiconductor. Der traditionelle Halbleiterspezialist offeriert jetzt Produkte (SolarMagic), die helfen, Photovoltaik-Anlagen zu optimieren, indem sie Leistungsverluste, die sich aus der Verschattung einzelner Module oder bei der Montage von Modulen unterschiedlicher Leistung in einer Reihe (sogenannte Strings) ergeben, abmildern. Die Logik dieses Vorgehens liegt auf der Hand: Gerade in der Photovoltaik braucht man Wissen, das im weitesten Sinn aus der Halbleiterei stammt, und mit der Handhabung von Strom kennen sich Halbleiterfirmen auch bestens aus. Man darf also gespannt sein, wer noch alles auf den fahrenden Zug aufspringt.

VDE/ITG fordert koordinierte Forschungsinitiative Green IT

Im Umfeld der Veröffentlichung seiner Studie zu Green IT fordert der VDE/ITG (VerbInformationstechnische Gesellschaft im Verband Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.v.)ein koordiniertes und interdisziplinäres Forschungsprojekt zu Green IT. Tragfähige Lösungen lassen sich, so der VDE-ITG in einer Pressemitteilung nur unter Mitwirkung von „Netzwerkbetreibern, Systemherstellern und –integrationshäusern sowie Halbleiterkomponentenherstellern und durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Computer-, Netzwerk-, Nachrichten- und Informationstechnikern, sowie Energie- und Gebäudeexperten“ erarbeiten. Die koordinierte Forschungsinitiative soll „Universitäten, Forschungsinstitute und die Industrie“ dabei unterstützen, neue Lösungen für energieeffiziente IKT zu entwickeln. Deutschland habe auf diesem Gebiet sehr gute Chancen.

Summary: VDE/ITG promotes coordinated research and development approach between scientific institutions, providers, IT companies, component and chip manufacturers as well as energy and facility management specialists to develope groundbreaking solutions for Green ITC.

Cool Computing: "In zwei Jahren erste Ergebnisse"

Vor kurzem wurde die Initiative Cool Silicon ins Leben gerufen. Ein Teilprojekt ist Cool Computing. Dabei geht es um energieeffizientere Rechner. nachhaltige-it sprach über Ziele und Arbeitsprogramm des Projekts mit mit Dr. Stephan Krüger, Globalfoundries, Koordinator Leitprojekt Cool Computing im Cluster Cool Silicon und Dr. Ralph Müller-Pfefferkorn, TU Dresden, Abteilungsleiter beim Zentrum für Informationsdienste des Hochleistungsrechenzentrums Dresden (ZIH), zuständig für Cool Computing.

nachhaltige-it: Herr Dr. Krüger, wie lange können wir den Stromverbrauch von Prozessoren noch senken, indem wir Leiterbahnen schmäler machen?

Krüger: Tatsächlich gibt es dafür Grenzen, doch die sind noch nicht erreicht. Deshalb sucht man ja auch ständig nach neuen Ideen wie Carbon-Nanotubes und FinFETs (3D- Feldeffekttransistoren). Es wird vieles ausprobiert, natürlich auch neue Materialien wie Seltene Erden, wobei hier nach meinem Ermessen wegen der geringen Materialbedarfe in den Chip-Herstellungsprozessen vorläufig nicht von Engpässen auszugehen ist.

nachhaltige-it: Wie sparsam kann ein Prozessor werden? Wo liegen derzeit praktisch die Grenzen?

Krüger: Einerseits kann man die Prozessoren natürlich einfach leistungsabhängig und damit energieeffizienter laufen lassen, wie das ja schon lange bei mobilen Anwendungen gemacht wird. Andererseits arbeiten wir bereits im Herstellungsprozess z.B. mit dem AMTC (Advanced Mask Techology Center) an verbesserten Maskentechnologien.

nachhaltige-it: Was bewirkt das und wie?

Krüger: Bei Maskendimensionen in den Bereichen von 45 Nanometer und kleiner, in denen wir uns jetzt bewegen, erhöht sich der Einfluss von Schwankungen der Strukturdimensionen stark: Je kleiner die Struktur, desto stärker wirkt sich ein Nanometer mehr oder weniger auf Geschwindigkeit und Energieverbrauch des Transistors aus. Um optimale Leistungen zu erzielen, müssen alle Transistoren ein möglichst gleiches Schaltverhalten haben. Wenn manche mehr oder manche weniger Energie zum Schalten benötigen, verschlechtert das die Werte erheblich und damit auch die Energieeffizienz. Das lässt sich durch neue Masken und neue Maskentechnologien beeinflussen, daran arbeiten wir.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir setzen dagegen eher an der Systemebene an. Wir wollen, dass Betriebssysteme und Anwendungen energiesparsam laufen. Dabei befassen wir uns ausschließlich mit Hochleistungs-Umgebungen.

nachhaltige-it: Wie kann man die denn optimieren?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wenn wie beim Hochleistungsrechnen viele Prozessoren gleichzeitig an der Lösung einer Aufgabe beteiligt sind, dann ist das auch eine Kommunikationsaufgabe: die Prozessoren „reden“ ja miteinander um Daten auszutauschen. Zum Beispiel liegt für die Wettervorhersage ein Netz von Berechnungspunkten über Deutschland. Dieses wird auf viele miteinander verbundene Prozessoren verteilt. Wenn sich bei einer Berechnung auf einem Prozessor etwas verändert, dann müssen zumindest die benachbarten Prozessoren darauf reagieren, denn schliesslich hängt das Wetter an einem Berechnungpunkt vom Wetter am benachbarten Berechnungpunkt ab. Um Energie einzusparen, müssten die Prozessoren noch besser wissen, was ihre Nachbarn gerade tun, so dass sie sich ganz oder teilweise, wenn sie nicht benötigt werden, abschalten können.

nachhaltige-it: Wie viel lässt sich Ihrer Meinung nach mit solchen Technologien einsparen?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Das kann man heute noch nicht konkret beziffern.

nachhaltige-it: An welchen Punkten setzen Sie an?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir fangen beim Monitoring an und untersuchen die Schnittstellen des Betriebssystems zum Prozessor. Wo wird Strom verbraucht? Kann man den Energieverbrauch einzelner Teile des Prozessors auslesen? Und wenn ja, wie kann man ihn mit dem Programmablauf korrelieren? Hier fehlen für den Zugriff noch viele Schnittstellen.
Zweitens wollen wir den Scheduler, also den Aufgabenverteiler von Linux (Open-Source-Betriebssystem, Anm. d. Aut.) verändern, der ja die Rechenzeit verteilt. Denn wenn die Anwendung Daten von einem Prozessor zum anderen Prozessor übermittelt oder gerade auf Daten wartet und keine andere Anwendung gerade Rechenzeit braucht, dann kann ein Core möglicherweise auch schlafen. Dazu müsste gegebenenfalls die Anwendung selbst entsprechende Nachrichten erzeugen, die dann das Betriebssystem veranlassen, in bestimmten Situationen Hardware abzuschalten. Dazu wollen wir MPI, dass Message Passing Interface, dass als Standard für die parallele Programmierung gilt, so verändern, dass es den Prozessor zum Energiesparen aufrufen kann.

nachhaltige-it: Wann rechnen Sie mit ersten praktisch brauchbaren Ergebnissen?

Krüger: Wir denken, dass wir erste konkrete, umsetzbare Ergebnisse in zwei Jahren haben, also Transistoren, die in die neue Fertigungstechnologie zur Variationsanalyse und –begrenzung eingebettet sind. Am Ende der fünfjährigen Projektlaufzeit wollen wir einen Demonstrator vorweisen können.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir sind da wahrscheinlich etwas schneller. In zwei Jahren hoffen wir, erste Versionen des angepassten MPI zu haben und außerdem sehr viel genauer den Energieverbrauch messen zu können.

Dr. Krüger: … wobei der Einbau entsprechender Schnittstellen in die Prozessoren, weil es sich um ein Hardwareproblem handelt, auch erheblich länger dauern kann. Die neue Qualität der Aufgaben, die sich bei der Energieoptimierung stellen, hat nämlich viele überrascht. Bisher waren ja alle vor allem darauf aus, die Prozessoren schneller zu machen.

nachhaltige-it: Fünf Jahre bis zu neuer, besserer Hardware – ist das nicht viel zu lang, wenn man bedenkt, dass sich innerhalb der nächsten 20 Jahre, so Klimaexperten, entscheiden wird, ob die Menschheit den Temperaturanstieg der Atmosphäre in halbwegs verträglichen Bahnen halten kann? Und würde mehr Geld helfen – beispielsweise in Größenordnung der Unsummen, die zur Bankenrettung mobilisiert wurden?

Krüger: Natürlich würde mehr Geld mehr bewegen. Aber unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Umständen sind wir schon sehr zufrieden, dass es überhaupt so viel öffentliche Förderung für diese Forschungsprojekte gibt. Und ohne Initiativen wie Cool Computing würde die Informations- und Kommunikationstechnologie schon sehr bald genau so viel Energie wie heute der Verkehr verbrauchen.

Summary: Cool Silicon is a German state funded R&D project to find innovative methods for building and using IT more energy efficient and envirunmentally friendly. One project within Cool Silicon is Cool Computing, which itself consists of two projects: on the one side, developing new, more exact mask technologies for chip production that allow smaller and more exact structures than today and second a project that tries to reduce energy use in High performance environments by reworking the software communication methods used in distributed multiprocessor environments of the High Performance Computing World.

Mitmachen bei der Online-Konferenz

Selbst aufmerksam geworden durch das E-Paper Glocalist möchte ich meine Leserschaft auf die Online-Klimakonferenz Klima 2009 hinweisen, die vom 2. bis zum 6. November im Internet stattfindet und der Vernetzung sowie dem Austausch neuester Forschungsergebnisse gilt. Sie wird von der Hochschule für angewandte Wissenschaft, Hamburg, und zahlreichen Partnern veranstaltet.

Gerade für Green-IT-Spezialisten sollte diese Konferenz wegen der konsequenten Online-Durchführung besonders interessant sein. Schließlich zeigt sie, dass man weltweite Treffen auch ohne Hunderte von Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß und Jetlag durchführen kann. Sie ist damit ein wunderbares Beispiel für die 15 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß, die optimierter IT-Einsatz weltweit nach Meinung von Experten einsparen können soll. Anmeldung supereinfach per Online-Registrierung.

nachhaltige-it wird über das Ereignis aktuell berichten.