Süddeutsche: Nahezu chinesische Verhältnisse bei Amazon. Angestellte mit Schrittzähler! Fazit: Nix mehr da kaufen!

In der Süddeutschen vom Samstag stand ein Artikel (auch online), der einen wahrlich das Grausen lehrt. In den Lagerhallen in Graben werden Mitarbeiter zu zwanzig Nachtschichten hintereinander verdonnert – wenn sie das nicht wollen, sagt man ihnen, sie könnten gehen. Weiter berichtet der Artikel davon, dass in die Scanner Schrittzähler eingebaut sind, die auch die Schrittlänge messen, Wer zu wenige oder zu kurze Schritte macht oder überhaupt mal steht, wird angemacht. Das ist schon mal ein Vorblick auf Big Data am Arbeitsplatz und in meinen Augen ein Fall für den Bundesdatenschutzbeauftragen, den man darauf vielleicht mal hinweisen könnte (siehe Link). Demnächst wird noch die Atemfrequenz oder der Puls kontrolliert, und wessen Puls unter dem fürs Alter angemessenen höchsten Puls liegt, wird der Faulheit bezichtigt, weil er oder sie nicht schnell genug rennt.
Und das alles begtündet Amazon in Stellungnahmen in eben jenem Artikel immer mit dem Wunsch des lieben Kunden, alles so schnell und billig wie möglich zu kriegen. Nun, Amazon, ich (als Inhaberin eines gelegentlich genutzten Amazon-Accounts) gelobe hiermit feierlich: Ich werde so lange nichts mehr bei Dir und Deinem krakenartigen Imperium ordern, bis sich die Verhältnisse in Deinem Reich durch glaubhafte Zeugen belegt grundsätzlich geändert haben. Und ich bin herzlich froh, dass ich Dich nicht auch noch durch den regelmäßigen Bezug irgendwelcher digitalen Güter aus Deinem eReaderStore in der Auffassung unterstütze, Du machtest es mir als Kunden mit solchen Umgangsformen recht. Nein, tust Du nicht! Und ich würde mich freuen, wenn noch mehr Leute auf einen ähnlichen Gedanken kämen. Das wär doch mal was.

Cool Silicon entwickelt biegsamen Solarreader

Schon einmal hat nachhaltige it über ein Teilprojekt von Cool Silicon berichtet. Diesmal geht es um ein weiteres Teilprojekt, Cool Reader. Dabei soll die Technologie für einen neuartigen E-Reader entstehen.

E-Reader gibt es mittlerweile schon viele. Doch einen Reader im DIN-A-4-Format, der sich zusammenrollen lässt wie eine Zeitung und mit von vorn und von hinten ladbaren Solarzellen belegt ist, mit Push-Technologie umgehen kann und Funkmodule für den Anschluss ans Mobilnetz besitzt, gibt es noch nicht.
An diese herausfordernde Aufgabe wirft sich in einem Projektzeitraum von drei Jahren (eins davon ist bereits um) Cool Reader, ein Teilprojekt des Spitzenclusters Cool Silicon.
Dabei sind eine Reihe von Problemen aus unterschiedlichen technologischen Bereichen zu überwinden, für die jeweils andere Firmen verantwortlich zeichnen.
„Vor die größte Herausforderung stellt es uns, für diese Anwendung geeignete Solarzellen zu entwickeln. Sie sollen biegsam und anorganisch sein und auf Plastiksubstrat aufgebracht werden“, beschreibt Professor Gerhard Fettweis, TU Dresden, der federführend für das Projekt zuständig ist, das Ziel. Außerdem sollen die Zellen so empfindlich sein, dass sie im normalen Zimmerlicht laden. Der PV-Anlagenbauer Roth & Rau aus der Nähe von Chemnitz sucht hier nach Lösungen. An einem geeigneten Plastikgehäuse, das zugleich biegsam und widerstandsfähig sowie imstande ist, Solarzellen vorn, hinten und auch auf einer potentiellen Deckelklappe zu tragen, arbeitet Plastic Logic, der aus Dresden stammende Hersteller des E-Readers Que Pro Reader. Denn immerhin wird eine Haltbarkeit von zehn Jahren angepeilt.
Nahezu genau so schwierig ist der Entwurf von Datendiensten, die zu einem solchen Systemtyp passen. Denn um den Stromverbrauch gering zu halten, soll ein solches System möglichst viel Zeit im Schlaf-Modus verbringen können, auch wenn der Anwender Push-Services abonniert hat. Da hilft nur: Services umdesignen. Nämlich so, dass die Daten eher in Bursts übertragen werden statt kontinuierlich in kleinen Mengen. „Es wäre schon ein Riesenfortschritt, wenn wir zu Update-Zyklen von einigen Minuten statt Sekunden kämen“, meint Fettweis. Es ist der Part des Projektpartners Vodafone herauszufinden, wie man Services gestaltet, die diese Anforderungen erfüllen.
Auch die Mobilfunktechnik selbst muss verändert werden, um anschließend mit solchen Services optimal zu kooperieren. Denn bisher galt die Regel, dass Bursts möglichst kurz sein und hohe Datenraten transportieren sollten. „Wir haben aber herausgefunden, dass energetisch das Gegenteil, nämlich lange Bursts mit niedrigen Datenraten, optimal sind“, erklärt Fettweis. Der Engpass wandert in diesem Fall vom Leistungsverstärker weiter zu den übrigen Bauteilen, insbesondere dem Transceiver. Der neigt, wenn man ihn so betreibt, zu Nichtlinearitäten und Phasenrauschen. Für diese sogenannten Dirty-RFF-Bedingungen benötigt man spezielle Algorithmen, die die digitalen Signale verarbeiten. Hieran versucht sich die TU Dresden zusammen mit dem Startup Blue Wonder.
Weiter muss ein Energiemanagement fürs Gerät entwickelt werden, bei dem ein zentraler Controller die einzelnen Bauteile, etwa das Display und seine Treiber, zu- und abschaltet, aber auch den Ladestrom des Solargenerators steuert. Um diese Aufgabe kümmert sich Infineon, genau wie um das letzte Teilpaket, nämlich Sicherheit und Digital Rights Management.
Das Projekt soll insgesamt drei Jahre laufen. Sein Budget beträgt für diese Zeit fünf Millionen Euro, von denen 2,3 Millionen Euro vom Bund kommen. Den Rest steuern die beteiligten Firmen bei. Ein jahr ist schon um. „In dieser Zeit haben wir recherchiert und festgestellt, ob unser Konzept überhaupt realisierbar ist. Die Antwort lautet ja“, sagt Fettweis. Günstigstenfalls wird irgendwann sogar ein Produkt daraus. Doch falls das passiert, so Fettweis, werde es mindestens noch fünf Jahre dauern.