Über die Social-Media-Irren

Heute morgen härte ich im Radio einen Bericht über einen Youtube-Star mit 2 Millionen Followern, der in Augsburg unter Missachtung aller Verkehrsregeln ein ziemliches Chaos angerichtet hat, weil er überall unerwartet mit seinem Tourbus auftauchte, dort jeweils seine Fans verrückt machte und dann wieder davonbrauste, ohne irgendwelche Geschwindigkeitsvorschriften zu beachten. Angemeldete Veranstaltung? Pustekuchen. Der Herr dünkte sich wohl wegen seiner Followermassen erhaben über Recht, Gesetz und die Verwaltungsbehörde. Verantwortlich nur denen gegenüber, die seine Filmchen im Web gut finden. Der Rest konnte ihm offensichtlich gestohlen bleiben.
Der Mann mag gegenüber Präsident Donald Trump ein kleines Licht sein, eines haben sie jedoch gemeinsam: Sie glauben, die von ihnen künstlich erzeugte Realität in den sozialen Medien entspräche eins zu eins dem, was sich in der physischen Welt abspielt, und wenn es das nicht täte, könne man die Sache schnell in diese Richtung biegen, indem man nur ausreichend Filmchen produziert, Websites ins Netz oder auf Facebook stellt oder Tweets absetzt. So siehts ja hierzulande auch die AfD und alles, was mit ihr rechtswärts verbrüdert ist. Man schaffe ein paar Websites, Fachebook-Seiten und Twitters, verlinke sie untereinander, fülle sie mit Inhalten der eigenen Couleur, und schon ist das selbstgemachte geschlossene Weltbild fertig, in dem der Mensch vom Andromeda-Nebel stammt, die Grenzen des Deutschen Reichs fortgelten und so weiter und so fort.
Ein verheerender Irrtum – für die von ihm Befallenen und auch diejenigen, die sich mit den Social-Media-Gläubigen dann in der Real World auseinandersetzen müssen. Als da wären: Polizei, Ordnungsämter, Fußgänger, Staatsbürger aller Art (im Falle Donald Trump) und so weiter. Es wird dringend Zeit, die Sozialen Medien wieder mit der sozialen Realität so zu korrelieren, dass beide irgendwas miteinander zu tun haben. Von daher tut Regulierung not. Je eher desto besser.

IT-Marken setzen gemeinsam Sweatshops unter Druck

Nach dem Jahresbericht der Zertifizierungsorganisation TCO Certified für 2016 tragen die Bemühungen, soziale Kriterien und die Überwachung der gesamten Lieferkette voranzutreiben, langsam Früchte. TCO berichtete von Fortschritten auf mehreren Gebieten zwischen 2013 und 2016. 2014 war die derzeit aktuelle TCO-Version eingeführt worden, die zum erten Mal soziale Kriterien enthielt. Die zertifizierung nach TCO ist kostenpflichtig und freiwillig, zertifiziert werden Produkte wie Desktops, Laptops, Smartphones, Bildschirme oder Drucker -mittlerweile eben auch hinsichtlich ihrer Herstellungsbedingungen.

– 2016 gab es in keinem Unternehmen mehr offensichtliche Zwangsarbeit, Diskriminierung, Verletzungen der Kinderrechte und der Gewerkschaftsfreiheit – im Jahr 2013 weit verbreitete Erscheinungen. 14 Unternehmen verletzten noch immer Arbeitsrechte, aber in geringerem Umfang, zwei weiterhin Standards zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.
– Nicht zur Zusammenarbeit zu bewegende Zulieferer, die mehrere Marken beliefern, die ihre Produkte von TCO zertifizieren lassen, schlossen sich zusammen und forderten von den Auftragsherstellern die Einhaltung beispielsweise von Arbeitsregeln. Durch ihre geballte Einkaufsmacht konnten sie die Zulieferer zu Verhaltensänderungen motivieren.
– Der Umgang mit Mineralien aus Konfliktregionen hat sich deutlich gebessert. 22 Unternehmen haben dazu inzwischen Reeln aufgestellt, 19 Firmen haben eine regionale Initiative zum Bezug konfliktfreier Rohstoffe. 18 Prozent nutzen einen von der OECD abgesegneten Due-Diligence-Prozess für die Auswahl der Mineralien bzw. Lieferanten von Mineralien.
– TCO beschränkt sich nicht mehr darauf, gefährliche Chemikalien auszuschließen, sondern hat eine Liste erlaubter Chemikalien ins internet gesttellt. Sie enthält Stoffe, die entsprechend der GreenScreen-Initiative für sichere Chemikalien mindestens der Gefährdungsklasse 2 angehören. Klasse 1 bezeichnet die giftigsten Chemikalien, 4 die verträglichsten.
– Mehr Unternehmen ergreifen eigenständige Initiativen, um Korruption und andere Mißstände zu beseitigen. 18 haben Prozesse, um Beschwerden der Mitarbeiter unter Vertraulichkeit entgegenzunehmen. Auch der Durchblick durch die Lieferkette wächst langsam – allerdings reicht er bisher nur bei zwei Unternehmen weiter als bis zum zweiten Schritt vor der Endmontage. Verbesserungswürdig ist auch noch immer die Zahl der Zeitarbeiter. Nur sieben Unternehmen halten hier einen Grenzwert von zehn Prozent der Mitarbeiter ein. Und wenn auch der Druck, sich nicht kollektiv zu organisieren, nachgelassen hat – aktiv unterstützen derzeit nur acht Unternehmen kollektive Verhandlungsstrategien und freie Gewerkschaften.