Seit kurzem beginnt sich die IT-Branche sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass sie trotz überragender infrastruktureller Bedeutung ihr Scherflein wird zur Nachhaltigkeit beitragen müssen. Und dass es dabei wohl mit einer niedrigen PUE nicht getan ist. Sondern weitere Taten nötig sind.
Gleichzeitig hört man auf einschlägigen (virtuellen) Kongressen immer wieder die Begriffe Wasserstoff oder Brennstoffzelle. Beides soll letztlich in bestimmten Bereichen die bislang üblichen USVs mit wahrlich nicht sehr umweltfreundlichen Batteriebänken überflüssig machen. Und man kann wohl davon ausgehen, dass die wenigsten IT-Infrastrukturspezialisten sich mit der Wasserstoff-Thematik vertraut gemacht haben.
Da Wasserstoff- (erzeugt aus grüner elektrischer Energie, selbstverständlich) getriebene Brennstoffzellen möglicherweise schon sehr bald als Alternative zu Batterien auftauchen werden, ist es also durchaus empfehlenswert, dazu mal etwas zu lesen, das mehr ist als Werbung von Startups. Hier empfiehlt sich ein Band aus dem Hydrogeit-Verlag. Diesen Verlag Sven Geitmann, ein erfahrener Fachjournalist, gegründet, um ihn ganz speziell dem Thema Wasserstoff zu widmen.
Im Hydrogeit- Verlag ist ein umfassender Einführungsband über Wasserstoff erschienen, der von der Historie über die Gewinnung, die Verarbeitung, den Transport, die Anwendung, ökonomische Aspekte und Sicherheitsmaßnahmen alles zusammenfasst, was man so über Wasserstoff wissen sollte. Geschrieben haben ihn Sven Geitmann und Eva Augsten, Fachjournalistin für Renewables.
Wer sich in Chemie nicht auskennt, wird vielleicht manchmal etwas nachlesen müssen, denn die Arbeit einer Brennstoffzelle und die Gewinnung von Wasserstoff sind nun einmal chemische Prozesse, aber das macht nichts. Wegen des inhaltlichen Rundumschlags und einer übersichtlichen Gliederung eignet sich das Buch auch gut als Nachschlagewerk. Zum Beispiel, um sich rückzuversichern, was grüner, blauer, grauer oder türkiser Wasserstoff ist, wie hoch die Wirkungsgrade sind und welche Arten von Brennstoffzellen es gibt.
Lobenswert ist auch die Aktualität der Veröffentlichung, die in der aktuell erschienenen 4. Auflage Entwicklungen aus dem Jahr 2020 noch verarbeitet. Gerade weil sich das Buch zum Nachschlagen eignet, hätte ich mir allerdings einen festen Einband gewünscht, weil der einfach langsamer zerfleddert.
Rechenzentrumsanwendungen kommen in dem Text übrigens (noch) nicht explizit vor, aber das mag daran liegen, dass dieses Thema wirklich erst am Entstehen ist. Doch in einer Zeit, in der sich Aldi und Rewe freiwillig (wenn auch sehr langsam) vom Quälfleisch verabschieden und ein renommierter Formen-1-Fahrer grün wählt, sollte es einen nicht wundern, wenn schon in einigen wenigen Jahren die ersten RZs mit (natürlich grünem!) Wasserstoff und Brennstoffzellen reservegepowert würden statt mit Lithium-Batterien. Schließlich rückt das Jahr 2030, in dem Deutschland bereits 65 Prozent seiner Kohlendioxidausstöße kompensiert haben will, unaufhörlich näher.
Nachhaltige-IT verabschiedet sich jetzt bis Oktober in eine lange Sommerpause. Denn der beste Umweltschutz besteht ganz einfach darin, nichts zu tun. Mit einem guten Buch auf der Wiese an einem nahegelegenen See, Bach oder Teich zu liegen, erzeugt wenig Kohlendioxid und noch dazu jede Menge gute Laune.
In diesem Sinne verabschiede ich mich bis zum Herbst und wünsche allen Leser*Innen Ähnliches.
Bibliographie:
Sven Geitmann, Eva Augsten: Wasserstoff und Brennstoffzellen. Die Technik von gestern, heute und morgen. Broschiert, 239 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen. Hydrogeit-Verlag, Oberkrämer, 2021. ISBN 978-3-937863-51-1. 17,90 Euro.

2 Antworten auf “Brennstoffzellen statt Batterien? Ein Buch zum Thema Wasserstoff

  1. Habe das Buch mit Interesse gelesen. Es ist sehr zwar informativ. Für den Praktiker, der wie ich eine Ü20-PV-Anlage hat und nach einer vernünftigen Verwendung für den im Sommer viel zu vielen Strom (für den das EVU nichts mehr bezahlen will) sucht, bringt es leider nicht viel. Ich habe auch keine Hinweise dazu gefunden, wer eventuell kleinere Elektrolyseure und vernünftige Speichersysteme liefern könnte. Diese H2-Sache ist wohl eher nichts für unsereiner. Das Buch hat mir nicht viel gebracht. Schade um den schönen Strom, der nach wie vor abgeregelt werden muß, wenn der Stromspeicher voll ist.

    1. Hallo Herr Küfner,
      ich kann Ihre Enttäuschung nachvollziehen, allerdings fand ich das Buch gerade für Leute, die noch nicht so tief in der Materie stecken, wirklich informativ. Dass der Markt noch nicht so weit ist, dafür kann ja der Verlag nichts. EIn kleiner Lichtblick am Rande vielleicht: Ich habe gerade heute vom Verlag des Buches eine Pressemitteilung gemailt bekommen, derzufolge in den nächsten Jahren die Preise für Elektrolyseure erheblich sinken sollen und die Produktion wahrscheinlich steigen. Offen gestanden, ich bin auch immer wieder enttäuscht, wenn ich erlebe, welche Schnecke der reale Forschritt in Sachen Klimaschutz/Energiewende in der Realität ist und dass es Leuten wie Ihnen, die wirklich was machen wollen, schwer gemacht wird. Übrigens habe ich noch eine Idee für Ihren Strom – ob die nun praktikabel ist, weiß ich auch nicht: Wie wäre es mit einer Adsorptions-Kälteanlage, mit der Sie aus Abwärme und Energie mit vergleichsweise geringem Aufwand Kälte erzeugen können. Oder aber Sie bauen tatsächlich die Energiespeicherung aus oder SIe gucken, ob es möglich ist, z.B. Ihren Nachbarn Strom direkt zu liefern. Ich habe mal in Schweden ein solches Minigrid aus lauter Hausanlagen gesehen, weiß aber natürlich nicht, wie das mit den hiesigen Rechtsvorgaben etc. überhaupt realisierbar ist. Ich weiß zwar nicht, ob das für Sie was bringt (ich schreibe vor allem über Rechenzentren, und die haben jede Menge davon). Aber vielleicht ja aus irgendwelchen Gründen ja doch.

      Freundlichen Dank für Ihr Interesse

      A. Rüdiger

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