Offline! von Thomas Grüter befasst sich, so der Untertitel mit dem „unvermeidlichen Ende des Internets“ und dem „Untergang der Informationsgesellschaft“. Das ist natürlich ein Thema, das bei Nerds nicht unbedingt beliebt sein dürfte, aber dennoch interessant. Grüter ist Arzt und seziert die Informationsgesellschaft wie ein guter Pathologe bis auf ihre Bestandteile: Rechenzentren, Server, Speichersysteme etc. Die, so der einleuchtende Grundgedanke seines Buches, halten nicht ewig (wie etwa die Römerstraßen, die man teilweise noch heute benutzen kann), sondern höchstens ein, zwei Jahrzehnte, die neueste Eintagsfliege der Technologie, das Smart Mobile Device, sogar nur noch ein bis drei Jahre, ehe es wegen nicht mehr passender Software ausgetauscht werden muss. Das sei zum einen wegen des heraufdämmernden Ressourcenmangels und der Konzentration wichtiger Ressourcen in wenigen Händen, zum anderen wegen auf wenige Länder konzentrierten Fertigungskapazitäten der wichtigsten Komponenten, ein echtes Problem. Man stelle sich vor, in Südostasien fingen Nord- und Südkorea oder Japan und China an, aufeinander einzudreschen – schon wäre unter Umständen viel Hightech nicht mehr verfügbar, weil die dafür nötigen Komponenten auf den Märkten einfach nicht da wären und der Aufbau alternativer Fertigungsanlagen dauert. Können die kurzlebigen Systeme aber nicht schnell genug aktualisiert werden, wird das Internet im Lauf der Jahre löchrig und zerfällt am Ende. Auch dem mittlerweile immer stärker digitalisierten Wissen der Welt blüht im Fall einer länger anhaltenden Fertigungskrise Böses: Sobald das recht kurze Leben der digitalen Festplatte ausgehaucht sei, so der Autor, sei das Wissen selbst auch dahin, zumindest die Bestandteile davon, die nicht irgendwo noch in analog konsumierbarer Form vorhanden sind.
Das alles leuchtet ein und gibt zu heftigem Nachdenken Anlass. Die Gegenmittel, die Grüter vorschlägt, sind teils relativ realistisch – nämlich der Aufbau global verteilter Fertigungskapazitäten. Gegen den Ressourcenmangel empfiehlt er den Aufbruch in ferne Welten, da das Universum uns offen stünde. Schöne Aussicht, wäre da nicht die im Vergleich zu kosmischen Reisedistanzen doch recht begrenzte Lebensdauer des Homo Sapiens, die kaum je ausreichen dürfte, andere Sterne zu erreichen oder gar mit dem menschlichen Spezies zu bevölkern. Das wird wahrscheinlich schon mit unserem kosmischen Nachbarn Mars kaum in nennenswertem Umfang gelingen. Wir sollten derartige Kleine-Jungen-Träume durchaus in die Mottenkiste verbannen und uns lieber darauf besinnen, wie wir mit den vorhandenen Ressourcen sinnvoll umgehen, meint die Autorin dieser Rezension. Denn selbst wenn sich die Sonne in 500 Millionen Jahren aufblähen wird, hat die Menschheit hier noch rund 17 Millionen Menschen-Generationen zu je dreißig Jahren. Wäre doch schade, wenn wir – für IT oder sonstwas – so wenig pfleglich mit dem Planeten umgingen, dass davon nur ein Bruchteil tatsächlich stattfindet und dann wieder die Amöbe oder das Insekt die Regie übernimmt, nur weil wir den Hals nicht voll genug kriegen können. Ansonsten aber eine durchaus spannende Lektüre.

Bibliographie:
Thomas Grüter: Offline! Das unvermeidliche Ende des Internets und der Untergang der Informationsgesellschaft. Gebunden, 266 Seiten, Springer Spektrum, Berlin – Heidelberg 2013. ISBN 978-3-642-37736-5, 19,99 Euro

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