Nachhaltige-it: Professor Wolff, die VDE-Fachgruppe ITG hat mit der Studie zu Kommunikationsnetzwerken umfangreiche Vorschläge und Anregungen zur grundlegenden Veränderung der bisher existierenden
Netzwerkinfrastrukturen gemacht, die in Anbetracht der dringlichen
Kohlendioxid-Reduzierung wohl auch bald umgesetzt werden müssten. Diese
Veränderungen werden aber nicht umsonst zu haben sein. Wer soll das
alles eigentlich bezahlen?

Wolff: Tatsächlich ist es so, dass viele große Netzbetreiber, insbesondere British Telecom, bereits an Strategien arbeiten, das Netzwerk hin zu einer optimierten Glasfaser-Infrastruktur umzubauen. Darin gäbe es nur noch optische Verteiler und Feinverteilung der Daten mit WDM (Wideband Division Multiplexing). Man brauchte dann wohl nur noch einige Hundert Verteilerknoten statt heute Tausende. Das Ganze soll bis 2020 geschafft sein, deshalb laufen da große Aktivitäten.

Nachhaltige-it: Und was tut sich in Deutschland?

Wolff: Hier ist besonders Alcatel-Lucent aktiv.

Nachhaltige-it: Die Provider werden also die Kosten tragen?

Wolff: Die Netzbetreiber stecken in der Klemme – für sie sind Energiekosten Betriebskosten, und die müssen auf jeden Fall gesenkt werden. Und wenn man ohnehin alles erneuert, kann man auch über
alternative Netzwerkphilosophien nachdenken, dabei dreht es sich ja nur um Algorithmen, die auf die eigentliche Infrastruktur aufgesetzt werden.

Nachhaltige-it: Inwieweit hat sich Ihr Verband bezüglich dieses Themas schon mit der Green-IT-Allianz koordiniert?

Wolff: Da gibt es in allen Bereichen Koordinationsbedarf. Man sollte schon deshalb zusammen arbeiten, damit nicht jedes Land seine landeseigenen Untersuchungen durchführt. Auch für ein weiterentwickeltes Web brauchen wir dringend ein international koordiniertes Vorgehen, in das auch die Überlegungen und Untersuchungen aus Deutschland mit einfließen müssen. Unser Paper liegt unter anderem der Bundesregierung vor, und ich gehe davon aus, dass dort Interesse vorhanden ist. Wir hoffen, Anfang des nächsten Jahres Gespräche sowohl mit dem Bundesministerium für Wirtschaft als auch mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung führen zu können. Der VDE als eher kleiner Verband mit 36000 Mitgliedern kann seinen Anliegen und Arbeiten nur gemeinsam mit anderen den Weg in die internationale Agenda bahnen.

Nachhaltige-it: Tatsächlich ist es so, dass Green Grid zum Beispiel nur Initiativen berücksichtigt, die mindestens mehrere Länder einbeziehen, nationale Initiativen wie etwa die Green-IT-Allianz aber nicht.

Wollf: Genau deshalb ist die Koordination auf deutscher und über die Regierung dann auch auf internationaler Ebene so wichtig. Dazu kommt, dass derzeit das Thema Netzwerke in der Green-IT-Debatte noch sehr unterbelichtet ist. Es kümmern sich zwar viele, aber nicht speziell darum. Wir fangen nun an, andere Akteure wie BITKOM oder Münchner Kreis aufmerksam zu machen. Die Green-IT-Argumentationen, etwa während der Cebit, bewegten sich ja bisher auf einer sehr abstrakten, hohen Ebene oder im Bereich Rechner und Rechenzentren. Mit der Netzwerktechnik hat sich bisher kaum jemand beschäftigt.

Nachhaltige-it: Dabei müssten Netzwerke in den angedachten Cloud-Welten eigentlich immer wichtiger werden.

Wolff: Sie sind der Kern des Ganzen. Ohne leistungsfähige Netze kein Cloud Computing und keine Desktop-Virtualisierung. Die Rechenzentren werden abgespeckt, Intelligenz und Kommunikation werden in die Netzwerke verlagert, die in ihrer gegenwärtigen Auslegung einer konsequenten Umsetzung des Cloud-Paradigmas kaum gewachsen sein dürften. Die Hersteller und Provider wissen, dass die Netze der Kern des Ganzen sind und planen viel, halten sich aber andererseits auch zurück, weil sie auf finanzielle Unterstützung des Staates beim Infrastrukturaufbau hoffen. Hier in Deutschland zeigen sich für eine Unterstützung durch den Staat allerdings bisher keine Anzeichen.

Nachhaltige-it: Herr Wolff, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Summary: Networks are in the heart of the future „clouded“ it infrastructure. But networks are not in the focus of the debate about Green IT – they should be integrated as soon as possible, thinks Ingo Wolff, President of VDE/ITG. (Socienty for Information Technology within the Association of Electrotechnics, Electronics and IT e.V.)

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