In seiner neuen Studie zum Thema Elektrofahrzeuge umreißt der VDE Forschungsbedarf, technische Möglichkeiten und zu erwartende Effekte von Elektrofahrzeugen. Dabei werden manch lieb gewordene Vorurteile erschüttert.

Deutschlands 41 Millionen PKW werden im Schnitt pro Tag etwa 40 Minuten bewegt. Ein Drittel der Fahrten ist unter fünf Kilometer lang, ließe sich also laut den Erkenntnissen von Mobilitätsforschern inklusive aller Rüst- und Suchzeiten sogar mit dem Rad in günstigen Situationen schneller bewältigen. Knapp 60 Prozent sind kürzer als zehn Kilometer. Parken tut das Gefährt (rund 20 Prozent der Haushalte haben noch ein zweites) meistens zu Hause, dort steht es über Nacht meist mindestens neun Stunden. Die meisten Fahrten finden spätnachmittags oder abends statt. 95 Prozent aller Fahrzeuge befinden sich statistisch in jedem Moment eines Tages außer Dienst. Was doch den deutlichen Eindruck von Überkapazitäten im deutschen Autopark hinterlässt.

Insgesamt sind diese Zahlen, so findet der VDE, eigentlich keine schlechten Vorbedingungen für die Nutzung von Elektromobilen. Würden von diesen rund eine Million auf deutschen Straßen rollen und sich regelmäßig am häuslichen Stecker oder anderswo vollladen, dann entspräche das, so die Forscher, rund 1,4 TWh (Terawattstunden) und damit bei 519 Terawattstunden Verbrauch 2009 etwa 0,26 Prozent des Gesamtverbrauchs. (Wären alle PKWs Elektrofahrzeuge, käme bei gleichem Stromverbrauch ein Wert von etwas über zehn Prozent heraus, das entspricht in etwa dem heutigen Anteil der Informationstechnik.)

Mit anderen Worten: Man kann es ruhig ausprobieren, ohne dass das Netz auf wesentlich höhere Kapazitäten ausgelegt werden muss. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nichts zu erforschen und zu entwicken gäbe.
Nötig sind zum einen neuartige Bauelemente mit geringen Widerständen und hohen Strömen und Kühlkörper für dieselben, Antriebswechselrichter, die auch bei hohen Temperaturen und ständigen Vibrationen nicht aufgeben, neue Wechselrichtertopologien, auf den Gesamt-Wirkungsgrad unter Beachtung des Fahrverhaltens optimierte Elektromotoren, der Antriebsstrang muss verändert werden und die Hilfsaggregate erfordern ein leistungfähigeres Bordnetz, das mit starken Schwankungen fertig wird. Die Bordelektronik kann nämlich die Reichweite, so die Studie, beim Elektroauto durchaus um ein Viertel verringern. Das Netz soll bei Bedarf nicht so wichtige Komponenten runterfahren, die lebenswichtigen dafür doppelt mit Strom versorgen. Besonders viel zu tun gibt es bei der Kernkomponente Batterien – hier sieht der VDE die besten Chancen beim Lithium-Ionen-Akku, dem er in der Masenproduktion beträchtliche Preiselastizität nach unten zutraut. Allerdings sei der Rohstoff knapp, wie überhaupt viele Rohstoffe fürs Elektromobil, zum Beispiel auch für die Magnete, entweder rar oder weit weg (z.B. in China) erhältlich sind. Die Ladetechnik hat Optimierungsbedarf und ist derzeit zu teuer. Immerhin kann man Batterien bei Teilentladung länger nutzen, was den Bedürfnissen des Elektromobils, das beim Parken immer wieder aufgeladen werden kann, entgegenkommt. Wo sich am Ende Ladestation und Abrechnungsmodul befinden werden, ist noch unklar, der VDE rechnet aber damit, dass die meisten PKW eher zu Hause in der Garage aufgeladen werden. Zum Laden kommt normaler 3,7-kW-Haushaltsstrom am wahrscheinlichsten in Frage. Auch das Abrechnungsverfahren muss erst noch entwickelt werden. Ein Zähler im Fahrzeug mit Verrechnungsmöglichkeit gegen vorhandene Sammelzähler wäre vor allem für die wichtig, die ihren Wagen am Straßenrand parken.
Zur Reichweitenverlängerung eignen sich langfristig besonders Brennstoffzellen, insbesondere ihre Hochtemperatur-Variante, die aber noch erhebliche Entwicklungsfragen aufwirft.
Auch bei den Steckverbindern muss sich etwas tun, denn sie müssen im Elektroauto hohe Spannungen und Ströme verkraften. Immerhin arbeitet der IEC an einem Standard für Ladestecker, während für die funktionale Sicherheit bei Crashs (hierbei können sich schlimmstenfalls Batterien entzünden) ISO CD 26262 derzeit zuständig ist.
Ein weiteres Problem ist, wie man das Fahrzeug ohne Verbrennungsmotor warm bekommt, dafür schlägt die VDE-Studie zum Beispiel Wärmepumpentechnologie vor.
Einer immer wieder publizierten Vorstellung tritt allerdings der VDE klar entgegen: der Batteriestrom eignet sich wegen der aufwändigen Technologie nicht dazu, ihn ins Netz zurückzuspeisen. Alleinfalls durch ein Management des Aufladezeitpunkts können Elektroautos zur Ausbalancierung des Netzes beitragen.
Und der Verband hält es durchaus für sinnvoll und möglich, über neue Mobilitätsmodelle nachzudenken, die stärker als bisher auf Nutzung als auf Besitz von Fahrzeugen hinauslaufen. Denn: 95 Prozent stehen zu jeder Zeit ohnehin herum!

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