Vor kurzem wurde die Initiative Cool Silicon ins Leben gerufen. Ein Teilprojekt ist Cool Computing. Dabei geht es um energieeffizientere Rechner. nachhaltige-it sprach über Ziele und Arbeitsprogramm des Projekts mit mit Dr. Stephan Krüger, Globalfoundries, Koordinator Leitprojekt Cool Computing im Cluster Cool Silicon und Dr. Ralph Müller-Pfefferkorn, TU Dresden, Abteilungsleiter beim Zentrum für Informationsdienste des Hochleistungsrechenzentrums Dresden (ZIH), zuständig für Cool Computing.

nachhaltige-it: Herr Dr. Krüger, wie lange können wir den Stromverbrauch von Prozessoren noch senken, indem wir Leiterbahnen schmäler machen?

Krüger: Tatsächlich gibt es dafür Grenzen, doch die sind noch nicht erreicht. Deshalb sucht man ja auch ständig nach neuen Ideen wie Carbon-Nanotubes und FinFETs (3D- Feldeffekttransistoren). Es wird vieles ausprobiert, natürlich auch neue Materialien wie Seltene Erden, wobei hier nach meinem Ermessen wegen der geringen Materialbedarfe in den Chip-Herstellungsprozessen vorläufig nicht von Engpässen auszugehen ist.

nachhaltige-it: Wie sparsam kann ein Prozessor werden? Wo liegen derzeit praktisch die Grenzen?

Krüger: Einerseits kann man die Prozessoren natürlich einfach leistungsabhängig und damit energieeffizienter laufen lassen, wie das ja schon lange bei mobilen Anwendungen gemacht wird. Andererseits arbeiten wir bereits im Herstellungsprozess z.B. mit dem AMTC (Advanced Mask Techology Center) an verbesserten Maskentechnologien.

nachhaltige-it: Was bewirkt das und wie?

Krüger: Bei Maskendimensionen in den Bereichen von 45 Nanometer und kleiner, in denen wir uns jetzt bewegen, erhöht sich der Einfluss von Schwankungen der Strukturdimensionen stark: Je kleiner die Struktur, desto stärker wirkt sich ein Nanometer mehr oder weniger auf Geschwindigkeit und Energieverbrauch des Transistors aus. Um optimale Leistungen zu erzielen, müssen alle Transistoren ein möglichst gleiches Schaltverhalten haben. Wenn manche mehr oder manche weniger Energie zum Schalten benötigen, verschlechtert das die Werte erheblich und damit auch die Energieeffizienz. Das lässt sich durch neue Masken und neue Maskentechnologien beeinflussen, daran arbeiten wir.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir setzen dagegen eher an der Systemebene an. Wir wollen, dass Betriebssysteme und Anwendungen energiesparsam laufen. Dabei befassen wir uns ausschließlich mit Hochleistungs-Umgebungen.

nachhaltige-it: Wie kann man die denn optimieren?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wenn wie beim Hochleistungsrechnen viele Prozessoren gleichzeitig an der Lösung einer Aufgabe beteiligt sind, dann ist das auch eine Kommunikationsaufgabe: die Prozessoren „reden“ ja miteinander um Daten auszutauschen. Zum Beispiel liegt für die Wettervorhersage ein Netz von Berechnungspunkten über Deutschland. Dieses wird auf viele miteinander verbundene Prozessoren verteilt. Wenn sich bei einer Berechnung auf einem Prozessor etwas verändert, dann müssen zumindest die benachbarten Prozessoren darauf reagieren, denn schliesslich hängt das Wetter an einem Berechnungpunkt vom Wetter am benachbarten Berechnungpunkt ab. Um Energie einzusparen, müssten die Prozessoren noch besser wissen, was ihre Nachbarn gerade tun, so dass sie sich ganz oder teilweise, wenn sie nicht benötigt werden, abschalten können.

nachhaltige-it: Wie viel lässt sich Ihrer Meinung nach mit solchen Technologien einsparen?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Das kann man heute noch nicht konkret beziffern.

nachhaltige-it: An welchen Punkten setzen Sie an?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir fangen beim Monitoring an und untersuchen die Schnittstellen des Betriebssystems zum Prozessor. Wo wird Strom verbraucht? Kann man den Energieverbrauch einzelner Teile des Prozessors auslesen? Und wenn ja, wie kann man ihn mit dem Programmablauf korrelieren? Hier fehlen für den Zugriff noch viele Schnittstellen.
Zweitens wollen wir den Scheduler, also den Aufgabenverteiler von Linux (Open-Source-Betriebssystem, Anm. d. Aut.) verändern, der ja die Rechenzeit verteilt. Denn wenn die Anwendung Daten von einem Prozessor zum anderen Prozessor übermittelt oder gerade auf Daten wartet und keine andere Anwendung gerade Rechenzeit braucht, dann kann ein Core möglicherweise auch schlafen. Dazu müsste gegebenenfalls die Anwendung selbst entsprechende Nachrichten erzeugen, die dann das Betriebssystem veranlassen, in bestimmten Situationen Hardware abzuschalten. Dazu wollen wir MPI, dass Message Passing Interface, dass als Standard für die parallele Programmierung gilt, so verändern, dass es den Prozessor zum Energiesparen aufrufen kann.

nachhaltige-it: Wann rechnen Sie mit ersten praktisch brauchbaren Ergebnissen?

Krüger: Wir denken, dass wir erste konkrete, umsetzbare Ergebnisse in zwei Jahren haben, also Transistoren, die in die neue Fertigungstechnologie zur Variationsanalyse und –begrenzung eingebettet sind. Am Ende der fünfjährigen Projektlaufzeit wollen wir einen Demonstrator vorweisen können.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir sind da wahrscheinlich etwas schneller. In zwei Jahren hoffen wir, erste Versionen des angepassten MPI zu haben und außerdem sehr viel genauer den Energieverbrauch messen zu können.

Dr. Krüger: … wobei der Einbau entsprechender Schnittstellen in die Prozessoren, weil es sich um ein Hardwareproblem handelt, auch erheblich länger dauern kann. Die neue Qualität der Aufgaben, die sich bei der Energieoptimierung stellen, hat nämlich viele überrascht. Bisher waren ja alle vor allem darauf aus, die Prozessoren schneller zu machen.

nachhaltige-it: Fünf Jahre bis zu neuer, besserer Hardware – ist das nicht viel zu lang, wenn man bedenkt, dass sich innerhalb der nächsten 20 Jahre, so Klimaexperten, entscheiden wird, ob die Menschheit den Temperaturanstieg der Atmosphäre in halbwegs verträglichen Bahnen halten kann? Und würde mehr Geld helfen – beispielsweise in Größenordnung der Unsummen, die zur Bankenrettung mobilisiert wurden?

Krüger: Natürlich würde mehr Geld mehr bewegen. Aber unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Umständen sind wir schon sehr zufrieden, dass es überhaupt so viel öffentliche Förderung für diese Forschungsprojekte gibt. Und ohne Initiativen wie Cool Computing würde die Informations- und Kommunikationstechnologie schon sehr bald genau so viel Energie wie heute der Verkehr verbrauchen.

Summary: Cool Silicon is a German state funded R&D project to find innovative methods for building and using IT more energy efficient and envirunmentally friendly. One project within Cool Silicon is Cool Computing, which itself consists of two projects: on the one side, developing new, more exact mask technologies for chip production that allow smaller and more exact structures than today and second a project that tries to reduce energy use in High performance environments by reworking the software communication methods used in distributed multiprocessor environments of the High Performance Computing World.

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