Immer mehr Firmen, darunter auch viele aus der IT, streben an, „Carbon-neutral“ zu sein. Doch was ist damt eigentlich gemeint? Gemeint ist, dass ein Unternehmen seine gesamte Kohlendioxiderzeugung durch ausgleichende Maßnahmen kompensiert. Sei das nun der Bezug von „Green Energy“, der Kauf von Zertifikaten oder das Initiieren anderer Kompensationsmaßnahmen, etwa Bäume pflanzen. Unklar ist allerdings, was alles als firmenerzeugtes Kohlendioxid verstanden wird: Nur der Energieverbrauch von Produktion/Dienstleistung? Auch die Geschäftsreisen oder Arbeitswege der Mitarbeiter? Wird die indirekte Kohlendioxid-Erzeugung in der Lieferkette mit einbezogen? Wenn ich etwa eine Dienstleistung extern erbringen lasse, dann entledige ich mich deren Kohlendioxid-Last, aber diese verschwindet ja nicht, sondern landet nur bei einer anderen Firma. Jede Menge Unklarheiten also schon in der Definition!
Beispiele für FIrmen, die Kohlendioxidneutralität anstreben oder erreicht haben, sind etwa NTT Online Europe, ein Hoster, oder EMC, BT oder Dell
Gemessen und/oder bestätigt wird die Kohlenstoff-Neutralität dann von Organisationen wie Carbon Disclosure Project oder der Carbon Neutral Company. Diese Organisationen/Unternehmen bewerten den Kohlendioxidausstoß der betreffenden Unternehmen und bieten ihnen an, Zertifikate zu kaufen oder für das Aufkommen an Kohlendioxid, das sie erzeugen, kompensatorische Maßnahmen zu ergreifen, vorzugsweise in sich entwickelnden oder Entwicklungsländern (sog. Carbon Offsetting). Eine interessante Q&A-Strecke (auf Englisch) über Carbon Offsetting brachte der Blog der britischen Tageszeitung The Guardian.
Kommentar: Kohlendioxidneutralität ist schön und gut und bestimmt besser als gar nichts zu tun. Sie sollte aber nur ergänzend angewendet werden, wo und so lange andere Maßnahmen, den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken, nicht anwendbar oder verfügbar sind. Zwar bewirkt schon allein die Auseinandersetzung mit dem Thema und der Kauf von Zertifikaten, dass man anfängt, auch absolut weniger zu produzieren, weil das ja auch Geld kostet. Da aber der Kohlendioxid-Ausstoß pro Person in den westlichen Ländern so stark sinken muss, weil sie pro Person um ein Mehrfaches mehr Kohlendioxid ausstoßen als Bewohner weniger entwickelter Länder, reicht das nicht. Wenn das gesamte Kontingent begrenzt ist und ständig überschritten wird (also der Gesamtausstoß fallen muss) und wir uns hoffentlich darüber einig sind, dass jedem Einzelmenschen prinzipiell das gleiche Recht zusteht, Kohlendioxid zu erzeugen, schaffen nur ABSOLUTE Kohlendioxid-Einsparungen hier und in allen Ländern, die ihre Kontingente überschreiten, Entwicklungsraum für die derzeit noch weniger entwickelten Länder. Also: Kompensatorische Kohlendioxid-Neutralität ist in Ordnung, aber leider absolut nicht ausreichend.
Summary: A short description and discussion of the concept of „carbon neutrality“ and „carbon offsetting“.