In den vergangenen Wochen gab es einige interessante Neuigkeiten im Bereich Green IT. S stellte im September das UBA (Umweltbundesamt die Ergebnisse seines Projekts Studie Green Cloud Computing vor. Das Werk entwickelt Maßzahlen für die Energieeffizienz von RZs und befasst sich sich auch mit umweltgerechtem Streaming. Die Veröffentlichung dazu findet man hier.

Informatik 2020

Weiter führte die Gesellschaft für Informatik eine große virtuelle Tagung, Informatik 2020, durch, in deren Programm es tatsächlich mehrere Vortragsreihen mit umweltrelevanten Themen gab. Zu vielen Vorträgen findet man den gesamten Vortragstext samt Kontaktinformationen online. So gab es den thematisch bunt gemischten Workshop „Umweltinformatik“ Dann einen weiteren Workshop mit dem Themenschwerpunkt KI in der Umweltinformatik. KI-Algorithmen unterschiedlicher Art lassen sich hier wegen des Datenreichtums und der vielfältigen Kreuz- und Querverknüpfungen von Umweltthemen anscheinende trefflich einsetzen. Weitere Workshops (Energie, Mobilitätssysteme, Ethik und KI) waren zwar ebenfalls aus der Perspektive der Umweltinformatik interessant, doch haben hier die Referenten ihre Vorträge nicht hinterlegt.
Dass man IT-Technologien gut für Umweltbelange nutzen kann (auch wenn sie selbst die Umwelt durch Abfall versauen, siehe unten), kann man an dem schnell wachsenden Markt für Green Technology und Nachhaltigkeit sehen. Den erforschte kürzlich Research and Markets und kam im September zu dem interessanten Schluss, dass die Nachhaltigkeitsindustrie, in der viel IT steckt, 2019 ein Marktvolumen von 8,3 Milliarden Dollar hatte. 2030, also in zehn Jahren, sollen es 57,8 Milliarden Dollar sein. Das dafür ursächliche Wachstum soll 20 Prozent jährlich betragen. Die wichtigsten Technologien sind dabei IoT, Analytics, die Cloud, Blockchain und digitale Zwillinge. Einsatzfelder sehen die Autoren in nahezu allen Bereichen der Umwelttechnik. Wer es genauer wissen will, muss die teure Studie kaufen, die Inhaltsangebe und ein paar Zahlen (siehe oben) finden sich hier.

E-Waste-Day

Wie alles auf der Welt „seinen Tag“ hat, so gibt es seit 2018 auch einen E-Waste-Day. Er war am 14. Oktober und wird vom WEEEforum ausgerufen. Gutes gab es nicht zu verkünden. Der Berg elektronischer Abfälle hat sich gegenüber vor fünf Jahren um gut ein Fünftel (21 Prozent) auf 53,6 Millionen Metrische Tonnen erhöht, davon wurden nur 17,4 Prozent gesammelt und rezykliert. Wenn wir weiter alle so fleißig wie bisher Elektrogeräte und IT-Geräte und Smartphones kaufen, die nicht reparabel sind, und sie bei der kleinsten Macke entsorgen, dann wird der Berg ganz bestimmt bis 2030 die prognostizierten 74 Millionen Tonnen erreichen. Eine gigantische Verschwendung wertvoller Materialien, die wir irgendwann werden aus dem Mond oder anderen Himmelskörpern herauskratzen müssen, weil wir zu blöd waren, rechtzeitig an die Recycling-Fähigkeit unserer Technologien zu denken.
Wer genaueres zu den Zahlen wissen will, findet ausführlichstes Material im Global E-Waste-Monitor 2020. Den kann man kostenlos herunterladen.
.Europa erzeugte übrigens 16,2 Kilo pro Kopf und damit pro Kopf am meisten weltweit, rezykliert aber 42,5 Prozent und ist damit ebenso Nr. 1.
Wer Spaß am Rätseln hat: TCO Certified, die schwedische Zertifizierungsorganisation, rückt dem Thema mit einem kleinen Online-Quiz zuleibe.

Antitrust gegen Google

Nun geht es dem Monopolisten also endlich an den Kragen: Trump hängt Google ein Antitrust-Verfahren an den Hals. Damit keine Irrtümer aufkommen: Ich finde Trump schrecklich. Ich würde ihn nie wählen. Ich finde aber auch Monopolisten schrecklich, weshalb ich Google genau dann direkt nutze, wenn nichts anderes übrig bleibt. Deshalb begrüße ich jetzt das Anti-Trust-Verfahren gegen Google, auch wenn es aus der falschen Ecke kommt.
Außerdem finde ich, Facebook und Amazon gebühren ähnliche Schritte, und zwar in nicht allzu ferner Zukunft.
Ich bedauere es außerordentlich, dass sich zu diesem Schritt keiner der politischen Exponenten herbeifinden konnte, die mir in ihrem Denken und Handeln weitaus näher stehen als ausgerechnet der größenwahnsinnige Psychopath überm Teich. Aber wahrscheinlich braucht es genau diesen Größenwahn, um nicht vor dem Suchmaschinengiganten gleich vorbeugend in Knie zu gehen. Hoffentlich verfolgt auch Biden, so er denn gewählt wird (und das wäre absolut wünschenswert) diese Klage weiter.

Wie entwickelt sich die Welt durch Corona weiter?

Sehr interessant übrigens auch ein neues Buch aus dem transcript-Verlag, das sich in einer ganzen Reihe von Beiträgen damit befasst, wie sich die Welt durch COVID verändert. Dabei geht es quer durch den Gemüsegarten: Sozialwissenschaften, Medizin, Wirtschaft, Politik und Geschichte kommen zu Wort, Digitalisierung taucht in vielen Artikeln als Querschnittstehema auf.
Einer der Autoren fand zu einer sehr interessanten Diagnose: Die hoch gepriesene KI habe sich im Angesicht der Pandemie zumindest im Umgang mit Ansteckungsgefahren als nicht besonders nützlich entpuppt, vielmehr seien hier uralte Mechanismen wie Masken, (Selbst)isolation und so weiter nach wie vor die wirksamsten Vorgehensweisen. Allerdings hat sich dieser Autor nicht über das Thema Medikamentenentwicklung ausgelassen. Ich gehe davon aus, dass die KI-unterstützte Suche nach passenden Molekülen, um das Virus auf die eine oder andere Art schachmatt zu setzen, durchaus von KI im Hintergrund befeuert wird. Aber Konkretes gelesen habe ich darüber noch nichts, und deshalb kann diese an sich plausible Annahme auch falsch sein. Das Buch lohnt auf jeden Fall, wenn man etwas tiefgründiger und breiter über die gesellschaftlichen Auswirkungen von COVID spekulieren und dabei die Grenzen seines Faches (Informatik) gern mal verlassen will.
Deshalb hier kurz die Bibliographie: Bernd Kortmann, Günther G. Schulze (Hg.): Jenseits von Corona. Unsere Welt nach der Pandemie – Perspektiven aus der Wissenschaft. Serie X-Texte zu Kultur und Gesellschaft. Broschiert, 314 Seiten. Transcript-Verlag, Bielefeld 2020. ISBN 978-3-8376-5517-9, Print 22,50, als E-Book 19.99
Und nun ein Wort zum Schluss: Bücher kauft man bei seinem liebsten stationären Buchhändler. Der oder die bestellt sie genau so schnell wie Amazon, hat Telefon (fürs Bestellen), liefert während Corona wenns sein muss per Fahrrad und schafft Arbeitsplätze ganz in Ihrer Nähe.

Leave a comment

(required)

(required)