Reichlich Grünes auf der Cebit

Im Rahmen der alljährlichen Prä-Cebit-Präsentationen wurde auch in diesem Jahr wieder ein bunter Strauß von Neuerungen vorgefährt, die die IT grüner machen sollen. Da wäre einmal das Großereignis Cebit Green IT in Halle 8, wo alles echt oder scheinbar Grüne in Form einer Messe auf der Messe gezeigt wird. Diesmal machen 30 Firmen mit (von mehreren Tausend Ausstellern, was einen Schluss darauf zulässt, wie wichtig das Thema vielerorts genommen wird). Im Mittelpunkt sollen die Themen E-Energy, E-Mobilität, Remarketing und Recycling sowie Best Practises in Europa stehen.
Auf den Vorpräsentationen gaben einige Firmen einen Einblick in grüne Neuerungen: CA will jetzt auch etwas vom grünen Kuchen abhaben und bietet nun eine Software für das Umweltmanagement an, die alle Bereiche umfasst – von der Erfassung der Energieverbräuche über Wasser-, Abfall- und Kohlendioxidmanagement. Das Modul ecoMeter managt dabei die Energieverbräuche vor Ort, während das Modul ecoGovernment nur on demand genutzt wird und höhere Managementfunktionen bietet.
Rittal, bei Green IT kein Unbekannter, hat sich jetzt bei der Energieoptimierung von Rechenzentren mit dem Elektronik- und Steckverbinderspezialisten Phoenix Contact zusammengetan. Unter dem gemeinsamen Dach der Friedhelm-Loh-Gruppe vereint, bietet man den Kunden nun die Messung der Stromverbräuche direkt vom Niederspannungs-Hauptverteiler (NSHV) an. Es werden der Gesamtstrom und die Abnahmewerte benachbarter Abgänge ermittelt und an Rittals System RiZone übergeben. Die Software hilft dann, das Gesamtsystem so zu steuern, dass der Stromverbrauch optimiert wird. RiZone wird jetzt um eine intelligente Stromverteilung erweitert. Die Daten aus dem NSHV erfasst ein spezielles Messmodul, das Elektrischen Energie Management Modul (EEM). Dann werden sie per SNMP (Simple Network Management Protocol), einem gängigen Managementprotokoll in Ethernet-Netzen, an RIZone übertragen.

Fleißige IT-Firmen

Die Telekommunikations- und IT-Branche möchte anscheinend zum ökologischen Musterknaben werden. Diesen an sich erfreulichen Schluss lassen jedenfalls jüngste Ankündigungen verschiedener Lieferanten und Netzbetreiber zu. Den Anfang machte die im übrigen schon länger notorisch defizitäre Nokia Siemens Networks mit einer neuen Telekom-Strategie, die auf ein ganzes Portfolio von an Nachhaltigkeit orientierten Produkten – von der Beratung in Sachen energieeffizienter Netzaufbau bis zur sich selbst mit regenerativem Strom versorgenden Basisstation reicht und Provider adressiert.

Kurz darauf berichtete der chinesische Hersteller ZTE, man baue mit China Unicom ein 3G-Netz bei der Retortenstadt Shenzen nahe Hongkong, dessen Basisstationen sich mehr oder weniger vollständig über regenerative Energieerzeugung vor Ort mit Strom versorgen. Der Anteil von Wind- und Solarenergie ist je nach Wetterbedingungen flexibel regelbar, die Stationen lassen sich komplett fernsteuern. Leider erfährt die Leserschaft nichts darüber, wie groß dieses Netz ist und wie viele Basisstationen es umfasst.

BT berichtet im Nachhaltigkeitsreport 2009 von konsequenter Kohlendioxideinsparung. Dem edlen Ziel, 2020 gegenüber dem Basisjahr 1997 80 Prozent eingespart zu haben, ist man schon näher gekommen: Für 2009 lautet die Marke 43 Prozent Minus. Den größten Brocken davon macht der Einkauf regenerativer Energie aus – wie nicht anders zu erwarten, vor allem im Ausland. Ein Viertel seines beträchtlichen Stromverbrauchs – in England immerhin 0,7 Prozent des Stromverbrauchs des gesamten Landes – will BT aber schon bald über eigene Windenergieanlagen selbst erzeugen. Ansonsten motiviert man die Mitarbeiter zur Nutzung kohlendioxidgünstiger Mobilitätsmittel oder dazu, gleich zu Hause zu arbeiten. Die Fahrzeugflotte wurde immer stärker auf Diesesl umgestellt und der Kurzstrecken-Flugreisen um etwa 40 Prozent gegenüber 2007 verringert. Wermutstropfen am Rande: Fernflüge scheinen sich trotz Conferencing nicht so einfach reduzieren zu lassen. Die Emissionen in diesem Bereich liegen bei BT Großbritannien noch immer so hoch wie 2007 – und waren 2008 sogar gegenüber dem 2007er Wert um mehr als 30 Prozent gestiegen. Allerdings machen sie weniger als zwei Prozent der gesamten Kohlendioxidemissionen von BT UK aus. Dennoch verwunderlich, gehört das Unternehmen doch zu denen, die den flächendeckenden Einsatz von Highend-Videoconferencing gerade für die oberste Führungsebene propagieren. Aber wahrscheinlich ist es auch einfach von größerem Reiz, in Hongkong mit Key Accounts Tee zu schlürfen oder in New York im Anschluss an Geschäftsbesprechungen ein wenig shoppen zu gehen, statt ganz unglamourös zwischen spätem Abend und frühen Morgen vor einem noch so komfortablen Videosystem zu sitzen, um sich global zu koordinieren.

Softwareriese Microsoft, plötzlich voll ergrünt, will die Anwender durch einen gemeinsam mit der EU erstellten interaktiven Umweltatlas von seiner ökologischen Gesinnung – und von Neuigkeiten wie Silverlight oder der Cloud-Plattform Azure – überzeugen. Schon einige Zeit ist Eye on Earth online. Hier fließen Daten aus unterschiedlichen Messstationen online zusammen. So kann man dort zum Beispiel lesen, dass die Luft in München im Moment sehr gut ist. Kann ich bestätigen, und das ist doch immerhin etwas.

Kommentar:IT soll erheblich dazu beitragen, dass die Gesellschaft weniger Kohlendioxid produziert. Von daher haben die IT-Firmen einen doppelten Vorteil: eine weiße Weste – zumindest oberflächlich betrachtet – und die Möglichkeit, weiter ihre Produkte abzusetzen oder in andere Produkte zu integrieren. Eine Situation, von der manch andere Industrie – beispielsweise die Autobauer – nur träumen können.

Summary: A lot of IT or telecom companies announced interesting news around the conference of Kopenhagen that supported the trend to make IT an integral part of all efforts to reduce carbon dioxide outputs.
For example
– Microsoft announced several projects on the web, some of them Azure-based, that show human influence on the environment
– BT announced their latest advancements in becoming a carbon-neutral company
– Nokia Siemens Network disclosed a new set of products and services to make Telecom networks more sustainable
– ZTE announced that they built a 3G network from base stations solely relying on renewable energy produced by wind and solar technology being part of the installation.

Cool Computing: "In zwei Jahren erste Ergebnisse"

Vor kurzem wurde die Initiative Cool Silicon ins Leben gerufen. Ein Teilprojekt ist Cool Computing. Dabei geht es um energieeffizientere Rechner. nachhaltige-it sprach über Ziele und Arbeitsprogramm des Projekts mit mit Dr. Stephan Krüger, Globalfoundries, Koordinator Leitprojekt Cool Computing im Cluster Cool Silicon und Dr. Ralph Müller-Pfefferkorn, TU Dresden, Abteilungsleiter beim Zentrum für Informationsdienste des Hochleistungsrechenzentrums Dresden (ZIH), zuständig für Cool Computing.

nachhaltige-it: Herr Dr. Krüger, wie lange können wir den Stromverbrauch von Prozessoren noch senken, indem wir Leiterbahnen schmäler machen?

Krüger: Tatsächlich gibt es dafür Grenzen, doch die sind noch nicht erreicht. Deshalb sucht man ja auch ständig nach neuen Ideen wie Carbon-Nanotubes und FinFETs (3D- Feldeffekttransistoren). Es wird vieles ausprobiert, natürlich auch neue Materialien wie Seltene Erden, wobei hier nach meinem Ermessen wegen der geringen Materialbedarfe in den Chip-Herstellungsprozessen vorläufig nicht von Engpässen auszugehen ist.

nachhaltige-it: Wie sparsam kann ein Prozessor werden? Wo liegen derzeit praktisch die Grenzen?

Krüger: Einerseits kann man die Prozessoren natürlich einfach leistungsabhängig und damit energieeffizienter laufen lassen, wie das ja schon lange bei mobilen Anwendungen gemacht wird. Andererseits arbeiten wir bereits im Herstellungsprozess z.B. mit dem AMTC (Advanced Mask Techology Center) an verbesserten Maskentechnologien.

nachhaltige-it: Was bewirkt das und wie?

Krüger: Bei Maskendimensionen in den Bereichen von 45 Nanometer und kleiner, in denen wir uns jetzt bewegen, erhöht sich der Einfluss von Schwankungen der Strukturdimensionen stark: Je kleiner die Struktur, desto stärker wirkt sich ein Nanometer mehr oder weniger auf Geschwindigkeit und Energieverbrauch des Transistors aus. Um optimale Leistungen zu erzielen, müssen alle Transistoren ein möglichst gleiches Schaltverhalten haben. Wenn manche mehr oder manche weniger Energie zum Schalten benötigen, verschlechtert das die Werte erheblich und damit auch die Energieeffizienz. Das lässt sich durch neue Masken und neue Maskentechnologien beeinflussen, daran arbeiten wir.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir setzen dagegen eher an der Systemebene an. Wir wollen, dass Betriebssysteme und Anwendungen energiesparsam laufen. Dabei befassen wir uns ausschließlich mit Hochleistungs-Umgebungen.

nachhaltige-it: Wie kann man die denn optimieren?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wenn wie beim Hochleistungsrechnen viele Prozessoren gleichzeitig an der Lösung einer Aufgabe beteiligt sind, dann ist das auch eine Kommunikationsaufgabe: die Prozessoren „reden“ ja miteinander um Daten auszutauschen. Zum Beispiel liegt für die Wettervorhersage ein Netz von Berechnungspunkten über Deutschland. Dieses wird auf viele miteinander verbundene Prozessoren verteilt. Wenn sich bei einer Berechnung auf einem Prozessor etwas verändert, dann müssen zumindest die benachbarten Prozessoren darauf reagieren, denn schliesslich hängt das Wetter an einem Berechnungpunkt vom Wetter am benachbarten Berechnungpunkt ab. Um Energie einzusparen, müssten die Prozessoren noch besser wissen, was ihre Nachbarn gerade tun, so dass sie sich ganz oder teilweise, wenn sie nicht benötigt werden, abschalten können.

nachhaltige-it: Wie viel lässt sich Ihrer Meinung nach mit solchen Technologien einsparen?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Das kann man heute noch nicht konkret beziffern.

nachhaltige-it: An welchen Punkten setzen Sie an?

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir fangen beim Monitoring an und untersuchen die Schnittstellen des Betriebssystems zum Prozessor. Wo wird Strom verbraucht? Kann man den Energieverbrauch einzelner Teile des Prozessors auslesen? Und wenn ja, wie kann man ihn mit dem Programmablauf korrelieren? Hier fehlen für den Zugriff noch viele Schnittstellen.
Zweitens wollen wir den Scheduler, also den Aufgabenverteiler von Linux (Open-Source-Betriebssystem, Anm. d. Aut.) verändern, der ja die Rechenzeit verteilt. Denn wenn die Anwendung Daten von einem Prozessor zum anderen Prozessor übermittelt oder gerade auf Daten wartet und keine andere Anwendung gerade Rechenzeit braucht, dann kann ein Core möglicherweise auch schlafen. Dazu müsste gegebenenfalls die Anwendung selbst entsprechende Nachrichten erzeugen, die dann das Betriebssystem veranlassen, in bestimmten Situationen Hardware abzuschalten. Dazu wollen wir MPI, dass Message Passing Interface, dass als Standard für die parallele Programmierung gilt, so verändern, dass es den Prozessor zum Energiesparen aufrufen kann.

nachhaltige-it: Wann rechnen Sie mit ersten praktisch brauchbaren Ergebnissen?

Krüger: Wir denken, dass wir erste konkrete, umsetzbare Ergebnisse in zwei Jahren haben, also Transistoren, die in die neue Fertigungstechnologie zur Variationsanalyse und –begrenzung eingebettet sind. Am Ende der fünfjährigen Projektlaufzeit wollen wir einen Demonstrator vorweisen können.

Dr. Müller-Pfefferkorn: Wir sind da wahrscheinlich etwas schneller. In zwei Jahren hoffen wir, erste Versionen des angepassten MPI zu haben und außerdem sehr viel genauer den Energieverbrauch messen zu können.

Dr. Krüger: … wobei der Einbau entsprechender Schnittstellen in die Prozessoren, weil es sich um ein Hardwareproblem handelt, auch erheblich länger dauern kann. Die neue Qualität der Aufgaben, die sich bei der Energieoptimierung stellen, hat nämlich viele überrascht. Bisher waren ja alle vor allem darauf aus, die Prozessoren schneller zu machen.

nachhaltige-it: Fünf Jahre bis zu neuer, besserer Hardware – ist das nicht viel zu lang, wenn man bedenkt, dass sich innerhalb der nächsten 20 Jahre, so Klimaexperten, entscheiden wird, ob die Menschheit den Temperaturanstieg der Atmosphäre in halbwegs verträglichen Bahnen halten kann? Und würde mehr Geld helfen – beispielsweise in Größenordnung der Unsummen, die zur Bankenrettung mobilisiert wurden?

Krüger: Natürlich würde mehr Geld mehr bewegen. Aber unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Umständen sind wir schon sehr zufrieden, dass es überhaupt so viel öffentliche Förderung für diese Forschungsprojekte gibt. Und ohne Initiativen wie Cool Computing würde die Informations- und Kommunikationstechnologie schon sehr bald genau so viel Energie wie heute der Verkehr verbrauchen.

Summary: Cool Silicon is a German state funded R&D project to find innovative methods for building and using IT more energy efficient and envirunmentally friendly. One project within Cool Silicon is Cool Computing, which itself consists of two projects: on the one side, developing new, more exact mask technologies for chip production that allow smaller and more exact structures than today and second a project that tries to reduce energy use in High performance environments by reworking the software communication methods used in distributed multiprocessor environments of the High Performance Computing World.