IT-Marken setzen gemeinsam Sweatshops unter Druck

Nach dem Jahresbericht der Zertifizierungsorganisation TCO Certified für 2016 tragen die Bemühungen, soziale Kriterien und die Überwachung der gesamten Lieferkette voranzutreiben, langsam Früchte. TCO berichtete von Fortschritten auf mehreren Gebieten zwischen 2013 und 2016. 2014 war die derzeit aktuelle TCO-Version eingeführt worden, die zum erten Mal soziale Kriterien enthielt. Die zertifizierung nach TCO ist kostenpflichtig und freiwillig, zertifiziert werden Produkte wie Desktops, Laptops, Smartphones, Bildschirme oder Drucker -mittlerweile eben auch hinsichtlich ihrer Herstellungsbedingungen.

– 2016 gab es in keinem Unternehmen mehr offensichtliche Zwangsarbeit, Diskriminierung, Verletzungen der Kinderrechte und der Gewerkschaftsfreiheit – im Jahr 2013 weit verbreitete Erscheinungen. 14 Unternehmen verletzten noch immer Arbeitsrechte, aber in geringerem Umfang, zwei weiterhin Standards zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.
– Nicht zur Zusammenarbeit zu bewegende Zulieferer, die mehrere Marken beliefern, die ihre Produkte von TCO zertifizieren lassen, schlossen sich zusammen und forderten von den Auftragsherstellern die Einhaltung beispielsweise von Arbeitsregeln. Durch ihre geballte Einkaufsmacht konnten sie die Zulieferer zu Verhaltensänderungen motivieren.
– Der Umgang mit Mineralien aus Konfliktregionen hat sich deutlich gebessert. 22 Unternehmen haben dazu inzwischen Reeln aufgestellt, 19 Firmen haben eine regionale Initiative zum Bezug konfliktfreier Rohstoffe. 18 Prozent nutzen einen von der OECD abgesegneten Due-Diligence-Prozess für die Auswahl der Mineralien bzw. Lieferanten von Mineralien.
– TCO beschränkt sich nicht mehr darauf, gefährliche Chemikalien auszuschließen, sondern hat eine Liste erlaubter Chemikalien ins internet gesttellt. Sie enthält Stoffe, die entsprechend der GreenScreen-Initiative für sichere Chemikalien mindestens der Gefährdungsklasse 2 angehören. Klasse 1 bezeichnet die giftigsten Chemikalien, 4 die verträglichsten.
– Mehr Unternehmen ergreifen eigenständige Initiativen, um Korruption und andere Mißstände zu beseitigen. 18 haben Prozesse, um Beschwerden der Mitarbeiter unter Vertraulichkeit entgegenzunehmen. Auch der Durchblick durch die Lieferkette wächst langsam – allerdings reicht er bisher nur bei zwei Unternehmen weiter als bis zum zweiten Schritt vor der Endmontage. Verbesserungswürdig ist auch noch immer die Zahl der Zeitarbeiter. Nur sieben Unternehmen halten hier einen Grenzwert von zehn Prozent der Mitarbeiter ein. Und wenn auch der Druck, sich nicht kollektiv zu organisieren, nachgelassen hat – aktiv unterstützen derzeit nur acht Unternehmen kollektive Verhandlungsstrategien und freie Gewerkschaften.

Eilt: Workshop in Berlin zu Arbeitsbedingungen der Elektronikindustrie

Wer zufällig in Berlin ist und sich mit dem Thema Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie beschäftigt, findet am Montag, 25.11. eine ausgezeichnete Möglichkeit, sein Wissen zum Thema und seine Kontakte zu vertiefen: sollte vielleicht am Montag, 25. November mittags von 13 Uhr 30 bis 14 Uhr 30 den Workshop von Good Electronics zu diesem Thema besuchen. Es gibt eine Präsentation über die Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie von dem europaweit agierenden Gewerkschaftsverbund IndustriALL und Good Electronics, anschließend dürfen Industrievertreter dazu Stellung nehmen, und dann wird gemeinsam nach Auswegen gesucht. Anmeldungen per E-Mail an p.overeem@goodelectronics.org von Good Electronics.

Süddeutsche: Nahezu chinesische Verhältnisse bei Amazon. Angestellte mit Schrittzähler! Fazit: Nix mehr da kaufen!

In der Süddeutschen vom Samstag stand ein Artikel (auch online), der einen wahrlich das Grausen lehrt. In den Lagerhallen in Graben werden Mitarbeiter zu zwanzig Nachtschichten hintereinander verdonnert – wenn sie das nicht wollen, sagt man ihnen, sie könnten gehen. Weiter berichtet der Artikel davon, dass in die Scanner Schrittzähler eingebaut sind, die auch die Schrittlänge messen, Wer zu wenige oder zu kurze Schritte macht oder überhaupt mal steht, wird angemacht. Das ist schon mal ein Vorblick auf Big Data am Arbeitsplatz und in meinen Augen ein Fall für den Bundesdatenschutzbeauftragen, den man darauf vielleicht mal hinweisen könnte (siehe Link). Demnächst wird noch die Atemfrequenz oder der Puls kontrolliert, und wessen Puls unter dem fürs Alter angemessenen höchsten Puls liegt, wird der Faulheit bezichtigt, weil er oder sie nicht schnell genug rennt.
Und das alles begtündet Amazon in Stellungnahmen in eben jenem Artikel immer mit dem Wunsch des lieben Kunden, alles so schnell und billig wie möglich zu kriegen. Nun, Amazon, ich (als Inhaberin eines gelegentlich genutzten Amazon-Accounts) gelobe hiermit feierlich: Ich werde so lange nichts mehr bei Dir und Deinem krakenartigen Imperium ordern, bis sich die Verhältnisse in Deinem Reich durch glaubhafte Zeugen belegt grundsätzlich geändert haben. Und ich bin herzlich froh, dass ich Dich nicht auch noch durch den regelmäßigen Bezug irgendwelcher digitalen Güter aus Deinem eReaderStore in der Auffassung unterstütze, Du machtest es mir als Kunden mit solchen Umgangsformen recht. Nein, tust Du nicht! Und ich würde mich freuen, wenn noch mehr Leute auf einen ähnlichen Gedanken kämen. Das wär doch mal was.

Studie von make IT fair: Elektronikindustrie bietet miese Arbeitsbedingungen, Arbeitsvermittlungsagenturen kassieren ab

Make IT fair, eine Organisation, die sich kritisch mit den Verhältnissen in Zulieferbetrieben der IT- und Konsumelektronik-Industrie auseinandersetzt, hat einen auf ausführlichen Vor-Ort-Studien beruhenden Bericht zu Malaysia erarbeitet, der vom Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO) veröffentlicht und von Goodelectronics, einer weiteren Organisation, die sich mit den Arbeitssbedingungen in der IT auseinandersetzt, PR-technisch beworben wird. Fazit: Arbeiter in den Zulieferbetrieben starten hoch verschuldet, weil Arbeitsvermittlungsagenturen horrende Gebühren fordern, die Arbeiter vom land verdienen oft nur halb so viel wie versprochen, es werden ohne Erklärung Summen vom Gehalt abgezogen und die Arbeitszeiten liegen häufig bei 72 Stunden wöchentlich. Das heißt: Was diese Arbeiter in einer Woche arbeiten, arbeiten wir in zweien. Nur leider ist ihr Jahr genau so lang wie unseres, und Überstundenausgleich gibt es für die Schufterei natürlich auch nicht. Dafür kriegen wir schön billige DVDs, Kameras und Fernsehr, deren Teile in den untersuchten Fabriken hergestellt werden (möglichst mit fest eingebautem Akku oder anderen Verschleißteilen damit sie schneller kaputt gehen!) Außerdem stellt make IT fair fest, dass die Auftraggeber der Zulieferer, namentlich Sony, Toshiba und Panasonic sich keinen Deut um die Arbeitsbedingungen dort scheren. Bei HP, Apple und Philips verzeichnet die Organisation erste Schritte zur Besserung, auch wenn der Weg zu fairen Arbeitsbedingungen noch sehr weit ist. Jeder mag selbst entscheiden, wessen Geräte er in Zukunft lieber kauft.

English Summary:New report on workong conditions in the Malaysian second/third tier IT supplier industries by Make IT fair, published by Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO) and promoted by Goodelectronics. According to its findings, recruitment agencies take horrible feees, workers have to work up to 72 hrs a week, payment often is much less than promised etc. Some companies do not care a bit, namely Sony, Toshiba and Panasonic, some do something: HP, Apple and Philips.

Schlechte Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferern: Petition unterzeichnen!

Wie das Aktionsnetzwerk Avaaz mitteilt, hat Apple bisher bei weitem nicht genug dafür getan, die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette zu verbessern. Immer noch müssen die Menschen, die Apple-Komponenten fertigen, zu lange und zu schwer, teilweise unter dem Einfluss neurotoxischer Mittel, arbeiten. Nun hat jemand, der sich selbst als ein Anhänger des IPad/Pod-Kults beschreibt, eine weltweite Petition losgetreten, mit der das Unternehmen von denen, die seine Produkte kaufen (aber natürlich auch von anderen) dazu gebracht werden soll, mehr Druck auf die Lieferkette auszuüben.

Summary:On the political action network change.org, a heavy apple user created a worldwide petition concerning the miserable working conditions within the supply chain of Apple. The complain: Apple does not look deeply and intensely enough especially after the companies on deeper levels of its supply chain. This is what the petition wants to change.

Cebit mal anders – Aktionsseminar zu Arbeitsbedingungen in IT-Industrie vor der Messe

Wer einmal anderes auf der Cebit tun möchte als nur Computer begucken, kann jetzt aktiv für bessere Arbeitsbedingungen in dieser Industrie werden: Mehrere Initiativen, unter anderem MakeITfair, Germanwatch, Weed, PCglobal und ProcureITfair, laden vom 26. bis zum 28. Februar zu einem Aktionsseminar ein, bei dem es um die Arbeitsbedingungen in IT-Industrie und Supermarktketten geht, die beide von den Aktionsorganisatoren offensichtlich als miserabel betrachtet werden (bei der IT geht es dabei vor allem um die Erzeugerländer in Asien und Osteuropa, nicht um die Bürojobs bei uns) . Man erfährt, wie die Arbeitsbedingungen aussehen, kann aktionorientierte Protestformen kennenlernen und anschließend – am 28. Februar – an Aktionen in Hannovers Innenstadt teilnehmen. Anmeldung bis 19. Februar unter ceresna@germanwatch.org.