Neue Borderstep-Studie: Positive Umwelteffekte von Green IT werden eher überschätzt, Rebound unterschätzt

Das Borderstep-Institut hat vor der Enquete-Kommission zur Informationsgesellschaft im November ein Gutachten zu Green IT und den damit verbundenen Rebound-Effekten vorgelegt. Die aktuellen Studien zu Rebound-Effekten werden referiert, wobei nur eine einzige Studie sogenannte tertiäre Effekte einbezieht. Tertiäre Effekte kommen zustande, wenn zwar eine Anwendung in sich Energie spart, dies aber dazu führt, dass das Verhalten der Menschen sich ändert und sie nun deswegen an einer anderen Stelle um so mehr Energie verbrauchen. Also: Weniger Autofahren wegen IT-gestütztem HomeOffice, dafür um so öfter mal ein Flug-Wochenendtrip nach sonstwohin oder ein Ferienflug in die Ferne. Das Borderstep-Institut kommt dabei zu folgendem recht frustrierendem Schluss: „IKT alleine wird zu keiner Trendwende der Material‐ und Energiedurchsätze der Volkswirtschaften führen. Ressourceneffizienzpotenziale werden nur dann realisiert werden, wenn die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen einen effizienten Umgang mit natürlichen Ressourcen befördern. …Die IKT kann nur als
Schlüssel für ökologische Nachhaltigkeit verstanden werden, wenn die positiven Umwelteffekte von
IKT maximiert und gleichzeitig die negativen minimiert werden. Andernfalls besteht sogar die Gefahr,
dass Wachstumseffekte die Einsparungen kompensieren und die Gesamtbelastung steigt.“ Sprich: IKT hilft nur, wenn wir insgesamt weniger konsumieren, weniger reisen, weniger Fleisch essen etc. Die Studie belegt diese These im Detail an eBay.

In der derzeit aktuellen Berichtsvariante des Berichts der Enquete findet sich übrigens von dieser Einschätzung fast nichts mehr wieder – hier hat anscheinend notorisch optimistische Sicht der Industrie- und Verbandsvertreter den Sieg über die weniger glanzvolle Realität davongetragen. So wird es wohl eher nichts mit den grünen Segenswirkungen der IT!

Interview: Wer ist Greenit.fr/Who is greenit.fr?

Frédéric Bordage ist Gründer und Betreiber des Blogs greenit.fr. nachhaltige it finterviewte ihn per E-Mail zu Inhalten, Konzept und weiterer Entwicklung der Plattform. Greenti.fr erscheint jetzt unter „Green-IT-Blogs“ auf den Linklisten von nachhaltige-it .
Frédéric Bordage founded and runs the blog greenit.fr. nachhaltige it interviewed him by e-mail concerning contents, concept and further development of the platform. Greenit.fr will be integrated into the linklist „Green-IT-Blogs“ on nachhaltige-it.

nachhaltige-it: Seit wann gibt es greenit.fr?
nachhaltige-it Since when does greenit.fr exist?

Bordage: Wir haben Greenit.fr Anfang 2004 online gestellt. Damals redete niemand über Green IT und wir fühlten uns damit ziemlich allein. 2008 wurde das Thema plötzlich allgemein diskutiert, eine hoffnungsvolle Tatsache. Heute haben rund 220000 Unique Visitors pro Jahr, die unsere Geschichten und Studien lesen. Rund 18000 kommen mindestens dreimal monatlich.

Bordage: We launched GreenIT.fr in the early days of 2004. At that time, nobody was talking about Green IT and we felt a bit like lonesome „greeniters“. Hopefully, in 2008 this subject became mainstream. Today around 220,000 unique visitors per year read our stories and studies.
Around 18,000 come back to read us at least 3 times a month.

nachhaltige-it: Wer betreibt den Blog und wer trägt inhaltlich dazu bei?
nachhaltige-it: Who owns the blog and who contributes to it?

Bordage: Ich habe die Plattform gegründet. Bisher haben 45 Menschen ein oder mehrere Geschichten geschrieben. Bordage: Informationen über das Team stehen hier.
I’m the founder of GreenIT.fr. 45 people have written one ore more stories. You may have a look at this page to discover the team.

nachhaltige-it: Was war die Motivation, den Blog zu gründen?
nachhaltige-it: What motivated You to establish the blog?

Bordage: Wir wollten zeigen, dass Green IT und nachhaltige ICT nicht einfach eine „gute Idee“ sind, sondern dass es wirkliche Nachfrage gibt. Von Anfang an habe ich auf dem Blog versucht, Sachen zu publizieren, die wirklich wichtig sind: Fallberichte aus Unternehmen, Informationen über Soft- und Hardware, die Unternehmen helfen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und gleichzeitig Geld zu sparen etc.
Bordage: To demonstrate that Green IT and Sustainable ICT are not just a „good idea“, but that there are real request from companies. From the early days of GreenIT.fr, I tried to publish real stuff: business case studies, info about software and hardware that help companies cut their ecological footprint while saving money, etc.

nachhaltige-it: Wie wird er finanziert?
nachhaltige-it: Who finances the blog?

Bordage: Wir finanzieren uns komplett selbst. Unser Partner Breek.fr hat die Seite entwickelt und seit 2004 kostenlos gehostet. 2013 müssen wir irgendwie 10000 Euro auftreiben, um auf eine moderne Version von Drupal zu migrieren. Dafür haben wir noch keine Lösung, denn wir möchten weiter komplett unabhängig bleiben.
Bordage: GreenIT.fr is fully self-supported. Our partner Breek.fr developed and host GreenIT.fr for free since 2004. In 2013, will have to find
10,000 euros to migrate in a more modern version of Drupal. A this time we don’t have any other solution because we’d like to stay 100% independent.

nachhaltige-it: Was sind seine wichtigsten Ziele?
nachhaltige-it: What are the blog´s most important goals?

Bordage: Wir veröffentlichen Neuigkeiten aud der Green IT und über grüne IT-Anwendungen – von Job-Anzeigen bis zu neuen Lösungen, Zahlen und Studien. Viele unserer mehr als 2000 Geschichten dokumentieren aus erster Hand Forschung und andere Inhalte. wir waren die weltweit ersten, die ausgerechnet und gezeigt haben, dass man 71mal mehr Energie braucht, wenn man denselben Text oder dieselbe Mail mit Win7 und Office10 schreibt als mit Win98 und Office97. Wir haben Dutzende solcher Zahlen veräffentlicht. Ein aktueller Fokus ist das ökologische Softwaredesign.
Bordage: We publish news on Green IT and IT for Green, from Job offers to best practices to new solutions, figures and studies. A good portion of our 2000+ stories published yet are original ones. I mean that we publish original research and content.
We were the first in the world to calculate and demonstrate that it takes you 71 times more memory between Win98+Office97 vs.
Win7+Office2010 to write the same e-mail or text in a word processing tool. We published dozens of figures of that kind. More recently we became to focus on software eco-design.

nachhaltige-it: Welche Themen spielen eine besonders wichtige Rolle?
nachhaltige-it: What are Your the most important topics?

Bordage: Wir schreiben zu 20 % über nachhaltige Informations- und Kommunikationstechnik – also Smart Everything: Stromnetze, Smart Meter und so weiter. Zu 80 Prozent geht es um ökologisches Softwaredesign, Elektroschrott, Energieeffizienz in Datenzentren, gezielt verkürzte Produktlebensdauer (Obsoleszenz) von IKT-Produkten, energetischer Fußabdruck von Produkten und Treibhausgasemissionen, Wiederverwertung ganzer Produkte und Recycling, Energieeinsparungen und so weiter, dazu kommen neue Hard- und Softwareprodukte, Jobangebote, Trainingsankündigungen und Berichte über Praxiserfahrungen.
Bordage: 20 % sustainable ICT / IT for Green : smart everything (grids, meter,
etc.) and 80 % Green IT : software eco-design, e-waste, data centre energy efficiency, planed obsolescence, embodied energy & GHG emissions, refurbishment & recycling, energy savings, etc. all that from new products / software, job, events, training, and best practices perspectives.

nachhaltige-it: Soll der Blog inhaltlich weiterentwickelt werden, und wenn ja, wie?
nachhaltige-it: How do You want to further develop the blog?

Bordage: Derzeit nicht, außer der geplanten technischen Migration. Das ist eigentlich schade, denn wir stehen wegen Kooperationen in Kontakt mit britischen und spanischen Blogbetreibern. Aber vor dem zweiten Quartal 2013 wird das nichts.
Bordage: Not in the near future, except a technical migration. That’s a pity because we are in contact with British and Spanish blog owners who want us to federate the audience. But we don’t have enough time before Q2 2013.

Borderstep: Träge Kunden und desinteressierte Anbieter bremsen Green IT

Warum verbreiten sich Thin Clients oder Mini-PCs so langsam, obwohl sie eigentlich energetisch viel günstiger wären? Das ist eine der Fragen, mit der sich ein mehrjähriges Forschungsprojekt des Borderstep Institute beschäftigte. Ergebnis: Weil Anwender am liebsten das tun, was sie schon immer getan haben, und sei es aus Angst vor fehlender Kompatibilität (das nennt man „Pfadabhängigkeit“) und Anbieter daran mehr verdienen als sie an den neuen Spar-Technologien (das nennt man „einen Markt ausschöpfen“) gibt es auf deutschen Schreibtischen noch immer viel zu viele energiefressende Geräte. Wer sein Verhalten ändern muss (wie beim Einsatz von Thin Clients), der wartet damit so lang wie möglich. Dazu kommt, wie Prof. Klaus Fichter zur Erläuterung der Forschungsergebnisse ausdrücklich schreibt, „die ambivalente Haltung der Marktführer und Wirtschaftsverbände“. Cloud und Thin Clients werden sich aber am Ende dann doch durchsetzen, meint Fichter.
Beim Mini-PC, einer anderen „grünen“ Innovation, sieht er das Problem darin, dass der Markt hauptsächlich von kleinen Anbietern entwickelt wird. Gründe siehe oben unter „Trägheit“, „Ambivalenz“ und „Marktausschöpfung“. Im Laden gibt es die Dinger bisher kaum, weil die Handelsstrukturen nun mal auf die großen Hersteller ausgerichtet sind. Wer einen Mini-PC will (wahrscheinlich für so manchen engen Schreibtisch eine super Lösung), muss online schauen – zum Beispiel auf die Online-Seite von ComputerBild, wo es eine Marktübersicht der kleinen Dinger gibt. Aber mit der Verbreitung von Cloud Computing werde sich das ändern, meint Fichter: Wenn Software weitgehend in der Cloud läuft, ist ein Bolide auf dem Schreibtisch (hoffentlich) nicht mehr so wichtig.

Franzosen regen Aufbau deutschen Green-IT-Verbandes an

Heute möchte ich einmal eine französische Green-IT-Dachorganisation vorstellen, die vielleicht als Vorbild für eine ähnliche Organisation auf deutschem Boden dienen könnte. Die Franzosen hätten jedenfalls großes Interesse an Kontakten zu Parallelorganisationen in anderen Ländern, so es sie gibt.
Es hatndelt sich um die Green-IT-Allianz (AGIT). Die Allianz wurde in Frankreich im Februar 2011 von drei auf Green-IT spezialisierten Firmen (Consulting, Energieeffizienz in Datenzentren, Kohlenstoffbilanzierung) gegründet und hat heute sechsunddreißig Mitglieder. Finanziert wird die Organisation ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge, die proportional zur Größe der Unternehmen sind. Es ist geplant, EU-Gelder und andere öffentliche Finanzunterstützung einzuwerben. AGIT will Green-IT-Firmen zusammenbringen, eine Debatte über die Rolle der IT bei der nachhaltigen Entwicklung anstoßen, das Bewusstsein für das Thema weiterentwickeln und den Aufbau von fachlichen Fähigkeiten in den Firmen fördern. Außerdem will man gegen Greenwashing vorgehen und neue Green-IT-Produkte und -Praktiken entwickeln.

Summary:A French Green IT Organisation, Green-IT-Allianz (AGIT), is looking for similar organizations in other countries. It is a French association that was created in February 2011. Its founding members were three companies specialised in Green IT: GreenIT.fr (consulting, Green IT audits and software ecodesign), Greenvision.fr (consulting, energy efficiency in data centres), and Zento.fr (carbon accounting software). The AGIT has been up to steam since September 2011, after recruiting more than thirty members. The AGIT has 36 members (October 2012): 34 organisations and 2 individual members. Among organisations, you will find data centre experts, such as APC (Schneider-Electric.com) and Interxion.com, as well as consultancies such as GreenIT.fr and Blueight.com, energy management software publishers such as Avob.com and JouleX.net, law firms such as GastMenguyAvocats.com, recycling management companies such as Ecologic-France.com, etc. The AGIT is entirely funded by the contributions of its members. The contribution of each member is proportional to its size. Thanks to this funding mechanism, the AGIT is entirely independent. In the near future, the AGIT intends to apply to public funding instruments at the French- or European-level.The AGIT mission is to federate the players of the Green IT field, in order to contribute to the public debate on the role of information technology in sustainable development, and promote skill building in companies. AGIT wants to raise awareness about Green IT, fight greenwashing and to develop new and breakthrough Green-IT-products and -practises.

Ingenieur-StudentInnen aufgepasst: Praktikumsplatz Green IT bei Voith in Heidenheim

Wer Ingenieurwissenschaft oder Energiemanagement studiert und sich gern näher mit Green IT befassen möchte, hat ab September beim schäbischen Maschinenbauer Voith für ein halbes Jahr Gelegenheit dazu. Das Unternehmen, das vor allem die Branchen Schienenfahrzeuge, Papierindustrie u.a. bedient, möchte recherchiert bekommen, wie man ein Rechenzentrum effizient gestaltet, eine Analyse der derzeitigen Infrastruktur, gepaart mit Vorschlägen für die Umgestaltung, geeignete Messparameter etc. Wer die Herausforderung annehmen möchte, klicke hier und kommt dann zur Web-Stellenanzeige. Viel Glück beim Bewerben wünscht allen Interessenten nachhaltige IT!

Personalmangel: Schweizer EU-Projekt untersucht Green-IT-Personalmarkt und entwickelt Berufsbilder

Das vom Leonardo-da-Vinci-Programm der EU geförderte Gemeinschaftsprojekt Grin-ch entwickelt Profile für Green-IT-Spezialisten entsprechend dem europäischen Qualifikationsframework für lebenslages Lernen (EQF) und dem europäischen e-Competence-Framework (e-CF). Profile, daraus entwickelte Berufsbilder und schließlich entsprechende Ausbildungsgänge oder Weiterbildungen sollen mittelfristig helfen, den vermuteten Mangel an Green-IT-Spezialisten zu beheben. Erste Ergebnisse sind demnächst zu erwarten.
Hintergrund ist eine Studie des TUC (Trade Union Advisory Committee to the OECD) über die Bedeutung von Green IT als Arbeitsmarktmotor. Die Studie geht davon aus, dass, wenn innerhalb von sechs Jahren 100 Milliarden Euro in grüne Umbaumaßnahmen von Infrastrukturen und Wirtschaft investiert würden, zwei Millionen neue Jobs entstehen könnten. VIele dieser Jobs hätten einen hohen Anteil an IT-Know-how, beispielsweise solche im Bereich Smart Grid oder Transport und Logistik. Die Studie weist auch darauf hin, dass Green ICT bereits ein Thema innerhalb der australischen Organisation für professionelle ICT-Weiterbildung sei. Allerdings stammt das Papier aus dem Jahr 2009.

Kommentar:Unglücklicherweise will heute angesichts täglich neuer Hiobsbotschaften vom Finanzmarkt davon kaum noch jemand was wissen. Während die Fachcommunity unverdrossen weiterwurschtelt und sich auch tatsächlich Fortschritte im Detail zeigen, läuft die Industrie Sturm gegen jede verursachergerechte Beteiligung an zum Beispiel den kosten des Netzausbaus und anderen Lasten. Es bleibt somit zu befürchten, dass die zarten Pflänzchen solcher Initiativen wie Grin-ch im Sturm der Finanz- und Schuldenkrise zumindest vorläufig nicht sehr viel weitere Blüten zeigen werden.

Summary:Resulting from a study of the TUC (Trade Union Advisory Committee to the OECD) that recommended to strongly invest in green technologies to overcome the economic and financial crisis that started 2009, the Swiss international and Leonardo-da-Vinci-funded European Project Grin-ch is working on an analysis of the Green-IT-labor market and developing job profiles for Green-IT-specialists according to the european qualification frameworks (EQF) and (e-CF). First results are to be seen soon. Unfortunaltely, the policy trend in Europe has developed unfavorably for these topics with all attention circling around a solution for the financial and debt crisis that shocks Europe.