Smart Grids sind die Voraussetzung einer nachhaltigen Energieversorgung. Anfang Juni wurde in Madrid eine Roadmap nebst Implementierungsplan für deren Aufbau veröffentlicht.
Zwei Milliarden sollen bis 2020 in europäische Smart Grids investiert werden, davon eine Milliarde, größtenteils von den Regierungen aufzubringen, als Startfinanzierung bis 2012. Das ist der Finanzrahmen, den sich aus aus heutiger Sicht EEGI (European Electricity Grid Initiative) gesetzt hat. Anfang Juni präsentierte die Initiative in Madrid auf der SET(Strategic Energy Technology)-Plan-Conference ihre Roadmap nebst Implementierungsplan. Dabei gehören zu EEGI derzeit sieben Betreiber von Transport- und sieben Betreiber von Distributionsnetzen. Mit von der Partie sind auch die deutschen Schwergewichte EON, RWE und Vattenfall.
Kaum verwunderlich, kommt die Initiative zu dem Schluss, dass die Netzwerkbetreiber die Forschungs- und Entwicklungsprogramme führen müssten, damit neue Technologien gleich für den Echtbetrieb im Netz konzipiert werden. Schließlich seien Smart Grids die Voraussetzung für jegliche Energieinfrastruktur, die vorrangig auf Erneuerbaren fußt. Die Initiative beklagt, es gebe keine ausreichenden Anreize für die Provider, in neue Technologien: Sie sollten die zwar die Kosten tragen, dem stünden aber keine entsprechenden „Belohnungen“ gegenüber.
Freilich haben viele der Netzbetreiber in den letzten Jahren prächtig auf Kosten der Stromkunden verdient, ohne sich allzu viel um den Ausbau ihrer Netze zu scheren. Auch jetzt geht zum Beispiel vieles nur schleppend voran, beispielsweise bei der Anbindung der Offshore-Windparks ans Stromnetz.
Die Umsetzung der ehrgeizigen Pläne der Roadmap soll vor allem in den Jahren 2010 bis 2018 erfolgen, wobei greifbare Ergebnisse ab 2015 zu erwarten seien.
Entwickelt werden, wenn alles läuft wie vorgesehen, in dieser Zeit neue Erzeugungs- und Verbrauchsmodelle, neue Modelle für koordinierte Netzplanung und Netzbetrieb und neue Marktregeln.
Als Barrieren definiert die Roadmap eine zersplitterte Forschungslandschaft, Marktverzerrungen und Marktversagen zu Ungunsten der Betreiber und fehlende politische Akzeptanz, zum Beispiel von neuen Energieanlagen.
Die Roadmap definiert die anzustrebenden Forschungs- und Entwicklungsziele auf drei Ebenen: Die oberste sind Cluster, die große Themenkreise abstecken. Darunter werden funktoonale Projekte definiert, die bestimmte funktionale Ziele anstreben, ohne sie aber schon an Ort, Zeit und Verantwortliche zu binden. Definiert werden auf dieser Ebene aber bereits die Maßstäbe der Zielerreichung (Key Performance Indicators) und das Budget. Die Umsetzung der funktionalen Projekte erfolgt dann in lokalen Demonstrations- oder Forschungsprojekten, die ein oder auch mehrere funktionale Projekte umfassen können.
Anschließend beschreibt die Roadmap sechs Netzwerkebenen, die ein wenig an das Sieben-Ebenen-OSI-Modell der Netzwerktechnik erinnern. Hier heißen sie Smart Customers (5), Smart Energy Management (4), Smart Integration (3), Smart Network and Processes (2), Smart Pan-European Transmission Networks (1) und Net Generation Technologies (0), also Wind, Photovoltaik, Biomasse und was den Ingenieuren sonst noch einfällt.
Dann werden für die unterschiedlichen Level die oben bereits erwähnten Cluster und funktionalen Projekte definiert. Dabei trennt das Konzept zwischen Übertragungsnetzen (Level 1) und Verteilnetzen (Level 2 bis 5).
Für Übertragungsnetze (Level 1) gibt es vier Cluster: Pan-europäisches Grid, Energie-Technologie, Netzwerkmanagement und -steuerung, Marktregeln. Im Bereich der Distributionsnetzwerke gibt es ebenfalls vier Cluster, die sich auf unterschiedliche Level beziehen:
1. Integration von Smart Customers (Level 5),
2. Integration von Smart Metering (Level 4),
3. Integration von verteilten Energieressourcen und neuartigen Nutzern (Level 3) sowie
4. intelligente Verteilnetze (Level 2)
Die Koordination zwischen Verteil- und Übertragungsnetzen, die auf den Ebenen 1 und 2 erfolgt, wurde als selbständiger Cluster mit fünf funktionalen Projekten definiert: Netzwerkmanagemet und -steuerung, Nachfragesteuerung in Transportnetzen, aufgelagerte Dienste der Verteilnetzbetreiber, Verbesserung von Resilienz und Netzrestauration nach Störungen sowie IT-Protokolle und Standards.
Zur Finanzierung schlägt das Papier vor, dass Forschungs- und Entwicklungsaufwände der Provider, die in internen Vorteilen für Netznutzer resultieren, auch von den Nutzern des Grid, sprich: den Stromkunden bezahlt werden sollen. Die Finanzierung externer Nutzeffekte dagegen müsse anderswie erfolgen, nämich zur Hälfte bis zu drei Vierteln insbesondere aus den Mitteln der jeweiligen Länder. Unklar bleibt, woher der Rest kommen soll. Außerdem ist ein differenziertes System der Rechte an geistigem Eigentum geplant, das zumindest den Teil der Erkenntnisse, der mit öffentlichem Geld erwirtschaftet wurde, frei und öffentlich zugänglich lassen wird. Prototypen und Ähnliches sollen aber den jeweils sie entwickelnden Instanzen gehören.
Weiter macht das Papier Angaben dazu, wie der Fortgang der Arbeiten koordiniert, organisiert und überwacht werden soll. Geplant ist eine dreistufige Hierarchie mit SET als Träger des Steuerungskommittees, das die oberste Instanz bildet. Auf den beiden nachgelagerten Ebenen sollen die Netzbetreiber die tragende Rolle spielen.
Schließlich werden noch konkrete Projekte für die ersten beiden Jahre benannt. Hier eine Auswahl der Projekte, die 2011 anlaufen sollen:
– Toolbox für die Bewertung der Architektur der europäischen Verteilnetze
– Entwicklung von Methoden, die die Akzeptanz oberirdisch verlegter Hochspannungsleitungen erhöhen
– innovative Werkzeuge für den koordinierten Netzwerkbetrieb mit besserer Stabilität
– Werkzeuge für die Stabilitätsbewertung von Netzwerken
– Spannungssensitives Energiemanagement an der Schnittstelle zwischen Übertragungs- und Verteilnetzen
– Integration von Erzeugern auf der Mittelspannungsebene
– Datenaustausch zwischen Smart-Grid-Anwendungen
– Last- und Erzeugungsmodelle, die auf Datenaggregation basieren und eine klare Verteilung der Verantwortung ermöglichen
– Datenverarbeitung beim Smart Metering
Kommentar: Natürlich ist es richtig, dass sich die Fortentwicklung des Smart Grid maßgeblich auch auf die Netzbetreiber stützt. Allerdings zeichnen sich hier schon mögliche Streitanlässe um die Finanzierung und auch die freie Verfügbarkeit des erarbeiteten Wissens ab: Wie soll genau geklärt werden, welche Erkenntnis mit welchem Geld finanziert wurde? Die Projekte dürften, da sie meist wohl internen und externen Nutzen stiften, meist auch gemischt finanziert werden, was dann jeweils die Frage aufwirft, was öffentlich finanziert und damit frei zugänglich bleibt und was den Firmen gehört. Hier sind Debatten im Hintergrund wohl unvermeidlich. Außerdem bleibt unklar, welche Rolle die europäischen Forschungsinstitutionen und die von ihnen erarbeiteten Erkenntnisse spielen werden. Schließlich wird an vielen Hochschulen zur Energietechnik geforscht, und auch diese Forschung wird wohl die eine oder andere relevante Erkenntnis bringen. Im Konzept tauchen sie aber kaum auf. Angesichts der unglaublichen Verdienste der Provider in den letzten Jahren und der Pricing-Auswüchse, deren man anscheinend nur durch heftige Regulierung Herr wird, kann auch die These von den fehlenden Anreizen nicht unwidersprochen bleiben. Wahrscheinlich müssen diese erst wieder mit dem Holzhammer durch den Gesetzgeber oder Regulierer gesetzt werden. Der Telekom-Markt lässt grüßen…
Summary The development and building of a Trans-European Smart Electricity Grid is a necessity. Now EEGI ((European Electricity Grid Initiative) has published a roadmap that cn be downloaded free of chargte from the internet. It defines the structure, scope, organization and financing of European Smart Grid development during the years 2010 to 2018. The paper was developed by 7 transmission and 7 distribution net operators, which means, it is focussed very much on the role, the interest and the concepts of that group. The role of university research in contrary seems to be undervalued. The concept of internal (to be financed by electricity customers) and external (to be partially financed publicly) benefits of Smart Grids may provoke conflicts on who pays what and who has intellectual property rights for which developments.