Kanadischer Report beleuchtet Nachhaltigkeitschancen durch Green IT

Die internationale Green-IT-Informationsplattform ICTsustain-review weist auf einen kanadischen Forschungsbericht zum Thema „Mehr Nachhaltigkeit durch Informationstechnik“ hin. Der Bericht wurde durch ein Expertengremium erstellt und erfasst die Bereiche Umweltmonitoring und intelligente, vernetzte Technologien in Gebäuden und Quartieren, im Verkehr, in der Produktion, im Gesundheitswesen und bei der Versorgung mit Strom, Wasser und Gas. Den Volltext des 108 Seiten langen Berichts (in Englilsch) finden Sie hier.

Baden-Württemberg will bei Staats-IT jedes Jahr 2 Prozent Energie sparen

Das land Baden-Württemberg hat sich einen Green-IT-Plan („Landesstrategie“) verpasst. Entwickelt hat sie das Umweltministerium. Jedes Jahr soll die Informationstechnik des Landes zwei Prozent weniger Energie verbrauchen. Angelegt ist die Strategie auf sechs Jahre, was also eine Energieeinsparung von 18 Prozent ausmachen würde, wenn sie umgesetzt wird. Das klingt nicht allzu viel. Viele Bereiche sind einbezogen, zum Beispiel die IT an Arbeitsplätzen, Ausschreibung, Beschaffung und Recycling, grüne Rechenzentren, der Wissenschaftsbetrieb und organisatorische Maßnahmen. Vergessen wurde nur der kleine, mobile Begleiter, der ja sicher heute auch jedem Landesebediensteten von morgens bis abends in der Tasche steckt und nach aktuellen Erkenntnissen die wohl größte Stromverschleuderungsmaßnahme der Welt ist, das Smartphone.

Neuseeland-Wahlen: Internet-Partei setzt Green IT auf die Agenda – New Zealand: Internet Party makes Green IT major program topic

Die vom skandalumwitterten Internet-Unternehmer Kim Dotcom gegründete Internet-Partei macht in ihrem Programm Green IT zu einem der Top-Themen. Das Land soll innerhalb von fünf Jahren global führend bei grünen Technologien werden, wobei 100 % Erneuerbare, gepaart mit intelligenten Städten, Transportmitteln, Stromablesegeräten und Häusern dazu einen gewichtigen Beitrag leisten sollen. Grüne (ausschließlich regenerativ betriebene) Rechenzentren sollen zum boomenden Wirtschaftszweig ausgebaut werden. Gegen den steigenden Elektromüll-Berg plant die Internet-Partei eine verstärkte Produktverantwortung der Hersteller zusammen mit professionellen Entsorgungswegen.

SummaryNew Zealand Internet Party makes green IT a first rank political Topic. It is planned to transform New Zealand into a leading supplier of Green Technologies, to power it exclusively renewable, to build Smart Cities, Homes, Transportation and electricity meters and a thriving Green Datacenter industry.

Rechenzentren künftig öfter mit Solarenergie: DCs will use more solar energy

Manche werden sich erinnern: Emerson Network Power, einer der großen Infrastrukturanbieter für Rechenzentren und UPS-Hersteller, hat vor einiger zeit aufgefordert, Ideen zur Neugestaltung von Rechenzentren zu entwickeln. Nun ist die Studie ausgwertet, und es gibt interessante Ergebnisse. Einige der interessantesten:
– mehr Sonnenenergie fürs RZ,
– bessere Auslastung fürs RZ. In Zukunft soll sie bis auf 60 Prozent steigen (ist immer noch zum wenig, findet nachhaltige-it.)
– bis 2025 drei Viertel aller Rechenvorgänge im RZ über Cloud
– Wichtige Rolle von Self-Repair und DCIM: Über 40 Prozent glauben, dass sich RZs in einigen Jahren zumindest teilweise selbst reparieren werden (und was machen dann die Administratoren? fragt nachhaltige it).

Wer mehr wissen will, liest unter dem oben angegebenen Link nach!

SUMMARY: Emerson network power did research on the future of data centers. Main results:
– more solar energy for the data center
– better utilization
– 75 % of all services from the dc will be cloud
– important role of self-repair and DCIM
More interessante Ergebnissehere .

Green IT at its best – Neuerungen für die Batterietechnik und das Smart Grid

Green IT im besten Sinne findet man manchmal nicht auf Informatik- oder IT-Messen, sondern ganz woanders. Zum Beispiel auf der Intersolar, wo heute eine Schaltung prämiert wurde, die sich ein erst 2013 gegründetes Freiburger Unternehmen ausgedacht hat. Sie ermöglicht es, Batteriezellen parallel statt, wie bisher durchgängig üblich, in Reihe zu schalten. Batterieblöcke bestehen in aller Regel aus vielen in Reihe geschalteten Batteriezellen, und wenn eine dieser Zellen ausfällt oder degradiert, leidet die Leistung des gesamten Blocks oder er muss im Zweifel ausgeschaltet und ausgewechselt werden. Bei Parallelschaltung fällt nur die betroffene Zelle aus und kann dann ausgewechselt werden. Die Schaltung kann für alle Leistungsstärken skaliert werden, das Unternehmen, ASD Sonnenspeicher, sucht größere Firmen, die die zum Patent angemeldete Technologie lizenzieren und in ihre Systeme integrieren.
Eine weitere Neuerung hat siche ebenfalls ein überschaubarer Mittelständler ausgedacht. Das Problem, das ComBination löst, ist typisch für eine junge Industrie, in diesem Fall das SmartGrid, vulgo das intelligente Stromnetz: Jeder Hersteller denkt vor allem an sich selbst, und infolgedessen passt nichts zu garnichts. Endgeräte können nicht mit Speichern reden, Speicher nur mit manchen Wechselrichtern, und das unabhängige Energiemanagementsystem nicht mit dem externen Netz und den sonstigen Komponenten. Da hilft nur Virtualisierung, in diesem Falle durch eine Art Meta-Sprache oder von mir aus Middleware, welche die Kommunikationsprotokolle und -inhalte der einzelnen Geräte und Systeme auf einer überlagernden Ebene vereinheitlicht und damit für die jeweils anderen Komponenten verständlich macht. Diese Software läuft auf einem zentralen mehrfach verschlüsselten Cloud-Server, auf den alle Beteiligten zugreifen und den ComBination in einem Rechenzentrum von Nicbase betreibt. Damit können beispielsweise Fahrzeugbatterien endlich mit jedem Wechselrichter und jeder Ladeeinrichtung sprechen, Energieanbieter die diversen Komponenten (oder E-Cars) bei Endanwendern adressieren etc.
Das eigentlich Erstaunliche ist, dass bereits rund 50- bis 60000 Haushalte in sechs Regionen des Verteilnetzes an dem auf der Lösung basierenden Versuch teilnehmen, und zwar Mieter genauso wie Eigenheimbesitzer mit eigener PV-Anlage. Die Teilnehmer müssen zwischen 1000 und 2000 Euro in LEDs und Funksteckdosen zur Ansteuerung der Geräte im Haushalt investieren und profitieren dafür von einem erheblich billligeren Stromtarif. Sie wurden auf Anregung von ComBination von den Kommunen in den regionalen Einzugsbereichen der angesprochenen Stromlieferanten angeworben.
Viele staatlich mitfinanzierte Pilotprojekte für Elektromobilität umfassen erheblich weniger Teilnehmer. Auch dass Eigenheimer und Mieter mit und ohne E-Fahrzeuge mitmachen und das Ganze zeitlich unbegrenzt sozusagen im Ernstfallmodus stattfindet, ist ungewöhnlich. Über die einzelnen Regionen und Partner unter den Versorgern will ComBination derzeit noch nicht reden.

SUMMARY: At Intersolar, ASD-Sonnenspeicher, a mid-sized company from Freiburg, founded 2013, presented an electronic circuitry to parallelize battery cells of any size and performance. This means that broken cells can be exchanged separately instead hampering the performance of a whole battery block. Another mid-sized company, ComBination, developed a kind of middleware for Smart Grids that understands and translates the very heterogenuous communication protocols and dialects of the different players and components in the Smart Grids of the future with their multitude forms of distributed energy production and consumption. The system starts to be used in six German regions with about 50000 German private housholds as customers.

Überwachung und wie Gesetze und wir selbst uns davor schützen könnten – Rezensionen

Weil Ökologie auch immer „Ökologie des Geistes“ ist, und Überwachung eine Art „kommunikatiove Umweltverschmutzung“, befasst sich nachhaltige IT auch mit diesem Thema. Nachdem das Aufkommen des NSA-Skandals nun ein Jahr zurückliegt, entwickelt die Diskussion um Datenschutz und Datensicherheit immer mehr Dynamik, zumal sich zeigt, dass die deutsche Justiz – motiviert von wem auch immer – davor zurückschreckt, gegen den NSA und seine Hintermänner aktiv zu werden: Gerade heute ließ der Generalbundesanwalt mitteilen, es werde keine Ermittlungen und kein Verfahren wegen der Abhöraktivitäten gegen Frau Merkels Handy und auch gegen das millionenfache Abgreifen von E-Mails und Telefonaten deutscher Bürger geben, dies habe keine Aussicht auf Erfolg. Armseliger kann ein Armutszeugnis der Justiz wohl kaum ausfallen.
Da müssen wohl, wie schon manchmal in der Geschichte, Journalisten die Rolle des Wachhundes übernehmen und tun dies auch. Gleich zwei Bücher sind gerade erschienen bzw. im Erscheinen begriffen, die sich explizit mit dem heiklen Thema befassen.
Das eine stammt von Glenn Greenwald, dem journalistischen Helfer Edward Snowdens („Die globale Überwachung – Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen“). Es besteht eigentlich aus drei Büchern: Einem Thriller, einem Sachbuch über den Geheimdienst NSA und seine durch Dokumente offenbarten Denkweisen, Praxen und Ziele und einem politischen Essay über den Sinn und Zweck der Privatsphäre und wie sie zu verteidigen ist.
Der Thriller handelt davon, wie Greenwald mit Snowden zusammenkam, wie man es schaffte, an Politik, Polizei und Geheimdiensten vorbei die Snowden-Dokumente geheim- und zusammenzuhalten, zu durchforsten und am Ende in einem professionell vorstrukturierten Prozess schrittweise zu veröfentlichen – immer mit der Idee im Auge, dadurch die größtmögliche Glaubwürdigkeit und Öffentlichkeitswirkung zu erzielen, ohne Einzelpersonen zu schaden, etwa, indem man Agenten namentlich enttarnt und damit zum Abschuss freigibt.
Der zweite Teil, der neben den bereits bekannten auch neue NSA-Dokumente bringt, erschreckt in der Plattheit, in der hier der NSA und der britische GCHQ ihre Allmachtsphantasien offenbaren. Ihr Ziel ist ganz schlicht, alle Kommunikationsvorgänge weltweit zu ermitteln, zu speichern, zu analysieren, interessierten Partnern zugänglich zu machen und damit der Privatheit irgendwelcher elektronisch vermittelten Kommunikation ein Ende zu bereiten. Oder, wie es auf einer der Original-NSA-Folien heißt: „Sniff it all – Know it alll – Collect it All – Process it All – Exploit it all – Partner it All“. Und über die politische Haltung heißt es auf einer anderen Folie mit kaum noch zu überbietender platter Klarheit: “Oh yeah… Nimm Geld, nationale Interessen und das Ego zusammen, das ist die Gestaltung der Welt in großem Maßstab. Welches Land möchte die Welt nicht besser machen – für sich?“ Auf einer anderen Folie heißt es: „Worin besteht die Bedrohung? Sagen wir es offen – die westliche Welt (insbesondere die USA hat durch die Setzung von Standard in der Frühzeit des Internets Einfluss gewonnen und viel Geld verdient. Die USA waren der wichtigste Akteur bei der Gestaltung des Internets, wie es uns heute zur Verfügung steht. Dies führte zu einem intensiven Export von amerikanischer Kultur und Technologie. Und US-Unternehmen haben dabei viel Geld gemacht.“ Bei den Methoden ließ man sich, so zeigt das Kapitel mit einigen noch nicht veröffentlichten Dokumenten, von ungebremstem Größenwahn leiten. So wurden in Kooperation mit dem britischen GCHQ Unsummen von Geld ausgegeben, um auch die Telefonate aus fliegenden Flugzeugen heraus zu überwachen und genau einem spezifischen Sitzplatz zuzuordnen. Auch die oft gepriesenen Blackberrys sind nicht sicher. Größere IT-Gerätelieferungen wurden häufiger abgefangen, die einzelnen Geräte mit Spionageequipment ausgerüstet und anschließend zum ahnungslosen Endkunden geschickt. Firmen wie Intel waren und sind wohl in dem Spiel um die allumfassende Überwachung willfährige Helfer der amerikanischen Regierung und Geheimdienste. So ließ sich Snowden in der letzten Phase vor seiner Aktion von Dell beschäftigen, um an bestimmte Geheimdokumente zu kommen, auf die eigentlich nur hochrangige Geheimnisträger hätten zugreifen dürfen – auf die aber real zig bei Firmen angestellte Analysten ohne jeden Rechtfertigungsdruck Zugriff hatten. Greenwald sagte auf Nachfrage nach spezifischen Unternehmen (VMware, Cloud-Provider) während einer Lesung in München: „Ich kann nicht über unveröffentlichte Dokumente reden, aber ich traue keinem einzigen US-Technologieunternehmen.“ Dies ins Stammbuch all jener, die immer noch daran glauben, dass ihre Daten in der Cloud eines amerikanischen Anbieters gut aufgehoben wären.
Teil Drei des Buches sagt mit erfreulicher Klarheit, warum Privatsphäre wichtig ist: Weil Menschen nämlich nur in ungestörter Privatheit wirklich erforschen und erfahren können, wer sie im tiefsten Inneren sind. Sobald man sich beobachtet fühle, das belegt Greenwald auch durch Forschungsergebnisse, verändere sich das Verhalten. Menschen würden unfrei. Das gelte unabhängig davon, ob ihre Daten am Ende tatsächlich jemand ansieht oder nicht. Was hilft? Greenwald setzt vor allem darauf, dass die Einzelnen den Kampf um ihre Privatheit aufnehmen, gegen Überwachung protestieren und beginnen sich zu schützen, indem sie beispielsweise ihre Mails verschlüsseln oder anonym surfen. Besonders wichtig seien auch die Journalisten, so lange sie sich von Staat und Industrie fernhalten und ihre Rolle als vierte Gewalt ernst nehmen.
Etwas verwundert hat die Rezensentin, dass sich Greenwald in dem Buch so wenig zum Thema Wirtschaft äußert. Denn die Datenausforschungen, die Big-Data-Technologie großen Unternehmen ermöglicht, sind in den Augen vieler auf längere Sicht genauso ärgerlich, wenn nicht gar bedrohlich, wie die durch den Staat. Greenwalds Kritik fokussiert sich, ganz in der Tradition US-amerikanischer Staatsskepsis, aber ganz auf diesen, als wäre nicht heute die Politik oft genug nur noch eine Marionette mächtiger wirtschaftlicher Interessen. Uneingeschränkt empfehlenswert ist das Buch trotzdem für alle, die sich ein aktuelles Bild machen wollen vom Stand der Offenlegung des NSA-Skandals und auch jenen, die immer noch glauben, Privatheit wäre ein Luxus, auf den wir einfach so verzichten könnten.
Eine andere, nicht weniger aufklärerische Publikation stammt von dem grünen politiker Jan Philipp Albrecht, der Verhandlungsführer für die Novellierung der EU-Datenschutzgrundverordnung im bis 2014 amtierenden Europaparlament war.
Albrecht beschreibt zunächst, wie die Technologieentwicklung den digitalen Zugriff auf immer mehr Informationen und die digitale Steuerung immer mehr wichtiger Vorgänge erlaubt, beispielsweise durch Handelsalgorithmen, die das Börsengeschehen in den vergangenen Jahren an der Masse der Anleger vorbei revolutioniert haben, aber auch durch die automatische Ortung mittels GPS-Modulen, wie sie demnächst in jedem Fahrzeug vorgeschrieben werden. Dann beschreibt er, wie im Verlauf dieser Entwicklung der Datenschutz immer mehr ausgehöhlt wurde, weil die Politik die technologische Entwicklung schlicht verschlief und ihre Auswirkungen nicht erkannte, was inzwischen dazu geführt habe, dass durch Abgreifen von Daten und Analyse das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen insgesamt gefährdet sei.
Dankenswerterweise beschreibt Albrecht in großer Klarheit auch die Gründe, warum sich die Verabschiedung der schon lange als Entwurf vorliegenden neuen EU-Datenschutzgrundverordnung sich immer wieder verzögert. Weil nämlich mit viel Geld ausgestattete Interessenträger insbesondere der IT- und Internet-Industrie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um den Text der Verordnung in ihrem Sinne zu verändern und abzuschwächen. Anschaulich erklärt Albrecht, wie unerbittlich die Mühlen des Verbände-Lobbyismus mahlen und wie es nahezu unmöglich ist, den Einflüsterungen und Drohungen dieser hochbezahlten Lobbyisten zu entkommen. Schließlich hält der Autor, begründet durch das Vorangehende, ein Plädoyer für starken Datenschutz in Europa, damit nicht das schwer erkämpfte Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen politisch-wirtschaftlichen Interessen mächtiger Eliten und Konzerne geopfert wird. Leser, die das Thema Datenschutz aus einer europäischen politischen Perspektive interessiert und die gleichzeitig etwas über den Einfluss wirtschaftlicher Lobbygruppen erfahren möchten, finden hier in einer schnell konsumierbaren Form, was sie suchen.

((Bibliographie))
Glenn Greenwald: Die globale Überwachung. Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen. Droemer München 2014, gebunden, 365 Seiten. 19,99 Euro. ISBN 978-3-426-27635-8

Jan Philipp Albrecht, Finger weg von unseren Daten! Wie wir entmündigt und ausgenommen werden. Reihe Knaur Klartext, Droemer/Knaur-Verlag, München 2014, 192 Seiten, broschiert, 7 Euro. ISBN-10:3-426-78687-7

Green Grid will Bock zum Gärtner machen: Energieprovider sollen RZ-Stromverbrauch drücken helfen

The Green Grid, ein Non-Profit-Verband, der sich mit dem Thema Stromverbrauch in Rechenzentren beschäftigt, hat laut einer aktuellen pressemeldung, die nachhaltige-it heute zuging, eine Idee entwickelt, wer dafür sorgen soll, dass der Stromverbrauch in Rechenzentren sinkt: Zwischen 2011 und 2013 ist er um 19 Prozent gestiegen. Nun, wer also soll in Zukunft die Aufgabe übernehmen, hier für weniger Verbrauch zu sorgen?
Sie werden es kaum glauben: Die Energieanbieter. Die ja in Deutschland wirklich durch ihre überaus prograssive Energiepolitik glänzen. Na, das mag was werden! Im Übrigen sucht die Rechenzentrumsbranche in Gestalt des BITKOM zu beweisen, dass Rechenzentren dringend auch als energieintensive Unternehmen angesehen werden müssten, die, wen wundert es, natürlich von den Rabatten für diese Industriezweige profitieren sollen.
Das wäre m.E. genau der falsche Schachzug. Zielführend wäre, so meint nachhaltige-it, PUE-Grenzen für Rechenzentren vorzuschreiben und noch mehr Geld und Manpower in die Erforschung energieeffizienter Rechenverfahren zu stecken und auch in Plattformen, die mit weniger Strom zurechtkommen, z.B. Computer aus organischem Material etc. Das würde die Branche ganz nebenbei zumindest teilweise von der Elektroschrott-Problematik befreien, den Verbrauch an seltenen oder kostbaren Metallen senken und damit der Umwelt und der Gesellschaft gleich mehrfach Gutes tun. Merke: Wer Strompreisrabatte streut, wird reichlich Stromverbrauch ernten.

Das Internet ist kein Naturgesetz: Wider den Daten- und Perfektionswahn (Rezension)

Kritik an der Informationstechnik zu üben, ist derzeit in. Allerdings geht dabei kaum jemand so profund und philosophisch zu Werke wie Evgeny Morozov. Der Autor, dessen erstes Buch „The digital Delusion“ sich mit dem überschätzten Einfluss sozialer Medien auf politische Prozesse und Umwänzungen befasste, stellt in diesem Buch die Grundlagen der heutigen IT-Philosophie in Frage.
Dabei wendet er sich gegen zwei von ihm verortete „ismen“: Den Internetzentrismus und den Solutionismus. Unter Internetzentrismus versteht der Autor die von der IT-Branche erzeugte Illusion, das Internet entfalte sich nicht etwa in seiner existierenden Form, weil dies politisch und technisch so entschieden wurde (was bedeuten würde, dass man es genau so gut hätte anders gestalten können und in Zukunft wird anders gestalten können). Sondern dass es vielmehr inhärenten, gewissermaßen naturgesetzlichen Eigenheiten folge, auf die nicht nur Anwender, sondern auch Entwickler und die Politik im Grunde keinen Einfluss haben. Einem so übermächtig verstandenen Internet könne sich die Gesellschaft nur anpassen, was aber in Wirklichkeit die Anpassung der großen Mehrheit der Menschen an die gut hinter angeblichen Eigengesetzlichkeiten verborgenen Interessen einiger weniger Branchen bedeute.
Stattdessen plädiert Morozev dafür, das Internet an sich als Gestaltungsraum zu betrachten. Nicht nur Content, sondern auch sein Funktionieren, seine Weiterentwicklung und seine Nutzungsregeln seien mitnichten quasi eigengesetzlich vorgegeben, schon gar nicht von gewissermaßen zwingenden inhärenten Eigenschaften dieser Technik selbst.
Seine zweite Kritik richtet sich gegen den Solutionismus, worunter er das Bestreben versteht, alle möglichen Probleme des sozialen Lebens durch technologische Maßnahmen in eine – zumindest von den Architekten dieser Maßnahmen erwünschte – Richtung zu lenken und letztlich möglichst perfekt zu „lösen“. In diese Rubrik fallen auch alle jene Bestrebungen, mit Hilfe immer intensiverer Datenerhebungen (Big Data) noch das letzte Vermarktungspotential aus den einzelnen potentiellen Kunden herauszuquetschen oder Risiken beim Geschäftsabschluss gegen Null zu bringen, indem man potentiell unprofitable Kunden erst gar nicht mit dem Produkt, etwa einer Versicherung, bedient.
Auch die Politik ist von derartigem Denken nicht gefeit – wer Bürger darauf dressiere, dass jedes halbwegs sinnvolle bürgerschaftliche Verhalten mit Sternchen, Pünktchen oder Digital-Blümchen belohnt wird wie das Gamifizierungs-Ansätze teilweise vorsehen, müsse sich nicht wundern, wenn der so dressierte Staatsbewohner bald gar nichts mehr einfach so, aus innerem Antrieb tue, was nicht nur ihm oder ihr selbst nutzt. Wer mit Hilfe digitaler Tools die Umgebung gewissermaßen lückenlos regle, müsse am Ende damit rechnen, dass alle sozialen Instinkte entfallen, sobald eine Lücke in der Regelungsdichte auftritt. Schließlich funktioniere soziales Verhalten bisher durch Erziehung und sozialen Umgang und sei wie mangelhaft auch immer in den meisten Individuen dauerhaft verankert, weshalb Menschen auch ohne „Gewinn“, Preis“ oder „Strafe“ für die Gesamtheit nützliche Dinge täten. Dies, das bestreitet Morazev nicht, widerspreche zwar dem Ideal des Homo Oeconomicus, das aber Morazev wie inzwischen viele als ohnehin zu eindimensional ablehnt. Statt etwas endgültig mit wissenschaftlichen oder pseudo-wissenschaftlichen Methoden zu „lösen“, gelte es bei vielen Themen, die sich darum rankenden gesellschaftlichen immer wieder auszufechten. Dies ist nach Meinung des Autors auf immer unvermeidlich, solange man nicht alle Menschen in einer Gesellschaft komplett gleichschaltet. Seien doch Diskurs, Konflikt und das mühselige Herantasten an eine Lösung inklusive ihrer immer wieder erfolgenden Veränderung nach erneuten Diskursen gerade das, was demokratische Gemeinwesen ausmache und ausmachen müsse.
Ins Gericht geht der Autor schließlich auch mit den digitalen Methoden völliger Selbstentblößung, wie sie in sozialen Medien geschieht, und mit der damit allzu häufig verbundenen Forderung nach „Authentizität“. In verschiedenen Sektoren seines Lebens verschiedene Rollen spielen zu können und zu dürfen, nicht jedem alles und jederzeit mitzuteilen, sei nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Politik und eine freie Gesellschaft unabdingbar – ganz abgesehen von den gigantischen Mengen an Belanglosigkeiten, für die heute Elektrizität und Speicherplatz verschwendet werden.
Morazev präsentiert sich bei allen Vorbehalten nicht als ein Techno-Kritiker, der am liebsten bei Wasser, Brot und keinem Strom zurück in den Urwald will. Technologie sei durchaus für den Fortbestand der heutigen menschlichen Zivilisation unvermeidlich. Es komme aber darauf an, unter welchen Prämissen, wie und von wem sie gestaltet werde. Hier plädiert er dafür, sich von der Vorstellung, eine Technologie müsse jedes Problem so lösen, dass das Problem für den Anwender gewissermaßen unsichtbar wird (aber möglicherweise durchaus noch immer existiert), zu verabschieden. Technologie müsse in ihrer Gestaltung vielmehr so aussehen, dass sie gesellschaftliche Denkpotentiale aktiviere, mithin tiefgehendes Nachdenken über die Natur von Problemen, den zugrundeliegenden Paradigmen und damit gesellschaftliche Lösungsansätze fördere.
Dafür nennt der Autor als Beispiel die Klimadebatte: Lösungen, die dem Anwender eines Smart Meters in einer westlichen Großstadt vormachten, etwa durch schicke Vergleiche mit einer Durchschnitts-Verbrauchskurve, wenn er nur gleich viel oder etwas weniger Strom wie der durchschnittliche Stadtbewohner verbrauche, habe er seinen Teil zur Lösung des Problems bereits beigetragen, führen seiner Meinung nach am Problem vorbei.
Vielmehr brauche man „widerständige“ oder „reibungsreiche“ Technik. Als Beispiel berichtet er über ein System, bei dem Pflanzen (also CO2-Speicher) über Sensoren und Kabel mit stromverbrauchenden Geräten verbunden sind. Verbraucht der Anwender mehr Strom als seine Pflanzen gleichzeitig CO2 aufnehmen können, führt das nach den einprogrammierten Algorithmen nach einer Weile zum Tod der jeweiligen Pflanzen. Durch solche Systeme werde das eigentliche Problem nicht vor dem Anwender verschleiert, sondern ihm erst in aller Deutlichkeit bewusst gemacht. Derzeit entstehen solche Lösungen allerdings vor allem in Designkursen und an Kunsthochschulen, und ob man selbst erwägen würde, sich ein solches System im Zimmer zu installieren, mag dahingestellt bleiben.
Jedenfalls führt die Lektüre von „Smarte neue Welt“ dazu, dass man mit einigen der digitalen Segnungen der Jetztzeit etwas weniger selbstverständlich umgeht und in Alternativen zum Bestehenden denkt. Bestes Beispiel dafür, dass man sich auch vom Glauben an die Eigengesetzlichkeit des Internet lösen kann, ist die jüngst publizierte Internet-Grundrechtscharta, die sich soeben Brasilien gegeben hat. Sie macht Schluss damit, unbegrenzten Datenzugriff oder mangelhaften Datenschutz als Unvermeidlichkeiten hinzunehmen und fordert statt dessen, dass die Technologie des Internet so gestaltet wird, dass sie mühseig errungene bürgerliche Freiheiten nicht per Knopfdruck zunichte macht. Es wird spannend, ob der brasilianische Angang tatsächlich Erfolg zeitigt. Wenn ja, wäre das sowohl ein Beleg für die Stimmigkeit von Morazevs Ideen als auch ein Hoffnungsschimmer für die sogenannten bürgerlichen Werte – im Endeffekt ein Resultat der britischen Magna Charta und der französischen Revolution. Beides hat zu viele Opfer gekostet, als dass man ihre Ergebnisse einfach so wieder aufgeben sollte. Schließlich sind wir noch immer damit beschäftigt, Werte wie Freiheit (des Menschen, nicht des Internet) und Gleichheit, Diskurs und Demokratie auf der Welt zu etablieren.

Bibliographie: Evgeny Morozov: Smarte neue Welt. Digitale Technik und die Freiheit des Menschen. Gebunden, 655 Seiten, Vlessing-Verlag, München, 2013. ISBN 978-3-89667-476-0, 24,99 Euro.

Wegwerfen als Hobby: Wer wann neue Geräte kauft

Eine im Auftrag des Branchenverbandes BITKOM durchgeführte Umfrage, an der rund 1000 MitbürgerInnen teilnahmen, ergab, dass das Wegwerfen von durchaus noch funktionsfähiger High-Tech gerade bei Jüngeren groß in Mode ist: Nur wer über 65 ist, beharrt darauf, Geräte so lange zu nutzen, bis sie von sich aus den Geist aufgeben. zumindest tun dies 60 Prozent der Befragten. 14- bis 29jährige wechseln hauptsächlich (52 Prozent), wenn gerade ein neues Modell auf den Markt kommt. 26 Prozent kaufen neu, wenn kein Zubehör mehr erhältlich ist, 12 Prozent, wenn es keine Ersatzteile mehr verfügbar sind (kein Wunder, die meisten haben ja schon vorher neu gekauft) und 21 Prozent, wenn es keine Softwareupdates mehr gibt. Interessant wäre die Frage gewesen, was ein Hersteller tun müsste, um dafür zu sorgen, dass seine Geräte länger genutzt werden. Aber die wurde natürlich nicht gestellt. Sonst hätte man vielleicht wertvolle Hinweise darauf erhalten, wie man die Elektroschrott-Lawine abbremsen kann… Die original-Pressemeldung steht hier.